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Zarlino, G. (Noone)

Canticum Canticorum Salomonis & ausgewählte Motetten

Info Musikrichtung: Renaissance vokal VÖ: 01.01.2008 Glossa / Note 1 CD (AD DDD 2006) / Best. Nr. GCD 921406 Gesamtspielzeit: 78:56

Unablässig strömt der Gesang, trägt und durchleuchtet die biblischen Worte, ohne ihre Botschaft auszumalen oder zu kommentieren. Kaum einmal setzt eine Kadenz Zäsuren, alles fließt.
Der als Musiktheoretiker der Spätrenaissance bekannte Gioseffo Zarlino verzichtet in seiner Vertonung der sinnlich-erotischen Hohelieddichtung, des König Salomo zugeschriebenen Canticum Canticorum, auf Tonmalerei oder dramatische Akzente. Stattdessen eröffnet er für Ausführende und Zuhörer einen musikalischen Meditationsraum. Dessen Feinheiten erschließen sich freilich erst dem Kenner, der die Textvorlage - es handelt sich um eine lateinische Neuübersetzung des 16. Jhd.! - in ihrer Eigenart würdigen kann und überdies in der damaligen Musikphilosophie bewandert ist.
Bei der Erhellung der enigmatischen Hintergründe der Komposition leistet der ausführliche Aufsatz von Cristle Collins Judd im Beiheft den modernen Hörern unschätzbare Dienste. Ursprünglich hatte Zarlino wohl geplant, die 8 Kapitel des Hohenliedes aufsteigend auf den 8 Modi (Tonarten) der Renaissance zu komponieren, um so den Aufstieg der verzückten Seele zu Gott in Wort und Klang nachzuvollziehen. Unter anderem mag der Wandel im (Kirchen-)Musikverständnis dafür verantwortlich sein, dass das ambitionierte Projekt ein Torso blieb und von Zarlino 1549 versteckt im Kontext einer gemischten Motettensammlung veröffentlicht wurde.
Seine Könnerschaft in der eleganten Verknüpfung mehrerer Stimmen demonstrieren die beiden daraus ausgewählten großdimensionierten Motetten Veni sancte spiritus und Pater noster - Ave Maria. Letztere ist für sieben Stimmen gesetzt und ein Wunder ebenmäßiger Kontrapunktik. Etwas bewegter gibt sich die Hymne an den Heiligen Geist. Zarlino erweist sich allerdings insgesamt weniger als ein Expressionist im Stil Lassos, eher als Zeitgenosse Palestrinas. Aufs Ganze wirkt diese subtile Musik auf mich etwas zu gleichförmig und neutral im Ausdruck. Wer solch klassizistische Renaissancemusik schätzt, wird freilich voll auf seine Kosten kommen.
Das liegt nicht zuletzt an den Ausführenden: Michael Noone und sein Ensemble Plus Ultra. Mit herrlich warmem Timbre und luzider Tongebung verströmt das dreizehnköpfige Ensemble einen balsamischen Wohlklang sondergleichen. Zarlinos keusche Musik gewinnt in ihrer Darbietung eine auratische Sinnlichkeit.

Georg Henkel