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Firenze 1616
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Außergewöhnlich ist die Vokalmusik des frühbarocken Florentiner Komponisten Domenico Belli: seine Soli und Ensembles sind harmonisch reich, dissonanzengeschärft und unvorhersehbar in ihren Wendungen. Diese Musik ist allein Wort und Ausdruck verpflichtet, in der Tat eine ideale Verbindung von „logos und pathos“ (Jean-François Lattarico).
Außergewöhnlich ist aber auch die Interpretation durch das Ensemble Le Poème Harmonique und seinen Leiter, den Lautenisten Vincent Dumestre. Derart klangsatt, ja „sinfonisch“ dicht kann man den oft als dröge bekritelten Generalbass selten hören. Dazu kommt ein geradezu hypnotisches Konzert der Stimmen, ob einzeln oder im Ensemble. Die Darstellung ist unmittelbar emotional bewegend.
Wo sich bei Bellis knapp halbstündigem Intermedio L’Orfeo Dolente (1616) das vokale Drama in der Mikrodramaturgie des Rezitativs ereignet, reichern seine Kollegen Claudio Saracini und Giulio Caccini die vokale Linie mit halsbrecherischen Verzierungen an. Die dienen allerdings nicht der Dekoration, sondern der Intensivierung des Ausdrucks. Io moro (Saracini) und Tutto ’l di piango (Caccini) wirken über dem dunklen, von Gamben, Lirone und Dulcian gefärbten Bassgrund wie elektrisch aufgeladen. Auch diese Stücke finden in den Sänger/innen des Ensembles denkbar kompetente Interpreten. William Christie sagte einmal, dass sich bei der Musik dieser Zeit der Höhepunkt des Dramas zwischen der Oberstimme und dem Bass ereignet. Genau diese Spannung wird von den Musikern auf dieser Aufnahme exemplarisch herausgearbeitet.
Kein Zweifel: Dieses Florenz 1616 betitelte Programm gestattet dem modernen Hörer spannende Einblicke in die Werkstatt der barocken Avantgarde, deren Errungenschaften - die Oper wurde in Florenz erfunden - zu dieser Zeit bereits zu festen Konventionen der Musik des 17. Jahrhunderts geworden waren. Verloren ging bei der Popularisierung freilich nach und nach das ideale Gleichgewicht von Wort und Musik, wie es kompositorisch und interpretatorisch auf dieser CD realisiert wird.
Georg Henkel
Trackliste
02 Tutto ´l di piango (Caccini) 6:05
03 non ha’l ciel (Caccini) 3:50
04-07 Il Rapimento di Cefalo (Caccini) 9:11
8-30 L’Orfeo Dolente (Belli) 35:36
Besetzung
Isabelle Druet – Mezzosopran
Jan van Elsacker – Tenor
Arnaud Mazorati – Bariton
Philippe Roche – Bass
Eva Godard – Zink
Mélanie Flahaut – Flöte & Dulcian
Johannes Frisch – Violine
Isabelle Saint-Yves – Bassgambe
Luca Guimaraes – Bassgambe & Lirone
Martin Bauer – Violone
Florian Carré – Cembalo & Orgel
Massimo Moscardo – Erzlaute
Vincent Dumestre – Theorbe & Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |