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Reviews

Buddy Jewell

Buddy Jewell


Info

Musikrichtung: Country / New Country

VÖ: 01.07.2003

(Sony Music)

Internet:

Website: www.buddyjewell.com

Die internationale Country-Szene erfreut sich in letzter Zeit einiger neuer Interpreten, die mit einem Knall in die Country-Charts einbrechen und ihr dort gewonnenes Terrain verteidigen. Hierzu zählen z.B. Dierks Bentley, Billy Currington und Buddy Jewell. Dieser war als Sieger aus einer Casting-Show hervorgegangen, die - anders als bei den europäischen Pendants - keine Mainstream-Sänger, sondern stilechte Country-Stars suchte. Der Name der Show war daher auch nicht "XY sucht den Superstar", sondern klar und eindeutig NASHVILLE STAR. Die normalerweise bei diesen Shows erfolgreichen Sänger sind jung (maximal 25), hübsch (hochglanzfoto-tauglich) und haben ein schönes Stimmchen (oder jedenfalls die meisten). Wie schafft es also ein 42-jähriger, leicht übergewichtiger Mann mit herben Gesichtszügen zum einen in diese Show, zum anderen zum Sieg? Die Lösung rückt die Musikwelt wieder gerade: Er hat die Stimme und er hat die Seele. Und diese Stimme steht allen Freunden der Countrymusik mit der CD Buddy Jewell jetzt zur Verfügung.

Im einzelnen:

Wenn jemand medienwirksam eine Casting-Show bestreitet, braucht er für den ersten Tonträger natürlich professionelle Hilfe, und was der deutschen Popmusik ein Dieter Bohlen ist, ist der modernen, aber traditionsbewussten Country Musik ein Clint Black, der als Produzent für ein hervorragendes Album verantwortlich zeichnet.

Buddy Jewell ist kein Neuling, denn er versuchte fast 20 Jahre lang, seinen Fuß in die Tür der Plattenbosse zu bekommen, leider vergeblich. Und wer so lange Zeit die Tür vor der Nase zugeschlagen bekam, darf dies auch ruhig zum Gegenstand des Openers machen. In "I wanna thank everyone" bedankt er sich bei allen, die ihn abgelehnt haben und ihn damit noch mehr bestärkten, weiterzumachen. Damit spricht er sicher vielen Leuten aus der Seele, und der gesprochene Anfangssatz "Do you actually have the word "Yes" in your vocabulary?" dürfte manchem Plattenboss die Schamröte ins Gesicht treiben. Grund für Schamröte gibt es bei Buddy Jewell jedoch nicht. Der Song geht mit den gut groovenden Drums von Eddie Bayers voran und lässt im Refrain die Handschrift des Produzenten erkennen. Und Brent Mason lässt die Gitarre so erklingen, wie Nashville es von endlos vielen Aufnahmen kennt: bravourös.

"Help pour out the rain (Lacey´s Song)" hat als Vorabveröffentlichung bereits eine mehrwöchige Beachtung in den Country-Top-20 gefunden und lässt Jewell sich nicht nur als einfühlsamen Sänger, sondern auch als Texter und Komponist dieses Hits einen Namen machen. Ein leicht schwingender Titel, der den Text weit in den Vordergrund schiebt und die Fragen seiner kleinen Tochter über Gott, Himmel und Engel zum Gegenstand hat. Nicht umsonst hält sich dieser Song weiterhin ganz oben in den Charts. Die Harmonica im Hintergrund wird übrigens von Clint Black gespielt, der dies auch beim nächsten Titel "Sweet southern comfort" macht, der eine Hymne auf die Südstaaten darstellt, indem er Szenen des täglichen Lebens mit Schlagworten wie "Old man river" oder "Sweet home Alabama" mischt. Der musikalische Rahmen hierfür ist perfekt gewählt, denn bereits die Melodie und die Instrumentierung lassen beim Hörer die entsprechenden Bilder im Kopf entstehen. Südstaaten-Country ohne Kitsch, aber mit Feeling.
Miranda Lambert war Casting-Kollegin bei Nashville Star, und so hat man ein Duett mit ihr auf die Jewell-CD gepackt. Dass man sich hierfür den Merle Haggard/Bonnie Owens-Klassiker "Today I started loving you again" ausgesucht hat, scheint der einzige Fehler dieses Albums zu sein, denn dieser Titel verliert zwischen den anderen Glanzlichtern deutlich an Wert. Beide Stimmen können hier nicht brillieren und bleiben im ungeforderten Mittelmaß stecken. Schade, denn da wäre vielleicht mehr drin gewesen.

Seine Writer-Qualitäten stellt BJ bei "Abilene on her mind" wieder wirkungsvoll unter Beweis, denn das Lied über eine vergangene Beziehung ist flott, ohne zu poppig zu wirken. Die eindeutig country-gefärbte Stimme und die von Stuart Duncan mal wieder hervorragend gespielte Fiddle lassen keine Zweifel aufkommen, dass dies Country ist, und nichts anderes. Hier lassen sich durchaus Hitqualitäten entdecken.

Dass er auch ruhigere Songs schreiben - und vor allem auch singen - kann, wird bei "One in a row" bewiesen, das an die richtig guten Balladen von George Strait erinnert und durch relativ sparsame Instrumentierung die stimmlichen Qualitäten Jewell's mehr als alle bisherigen Titel herausholt. Hier lässt sich das Potenzial ersehen bzw. erhören, dass einen auf die folgenden Titel warten lässt.

Wenn ein Titel "O´Reilly Luck" heißt, kann man sich denken, dass er etwas irisches in sich haben muss. Aber dass es so rund und gelungen umgesetzt wird, verwundert doch. Bereits die ersten Folk-Klänge aus Fiddle, Mandoline und Trommeln stimmen die Hörer auf das Thema (Die Geschichte seines Großvaters als irischer Einwanderer) ein, das straight erzählt wird. Lediglich der Refrain kommt country rüber. Ein atmosphärisch rundes Ergebnis, ein authentisch wirkender Song, der immer die irische Seele behält. Mal etwas anderes!

"One Step at a time" lässt eindeutig die Handschrift des Produzenten Clint Black erkennen, der den Titel zwar nicht geschrieben hat, aber Buddy Jewell im Refrain so singen lässt, dass man denken könnte, hier hätte sich Clint das Mikrofon selber gegriffen. Das zeugt mal wieder davon, dass sich hier wohl zwei Leute gefunden haben, die sich musikalisch sehr ähneln und daher ein absolut unverbogenes Album abliefern können. Dies belegt auch die Tatsache, dass Clint Black mit "I can get by" einen Titel für seinen Schützling komponiert hat. Hier lässt sich der Komponist jedoch schnell erraten, zeigen sich dabei doch erhebliche Ähnlichkeiten mit "No time to kill" und "Tuckered out". Aber es gibt schlimmeres als der Musik eines Country-Topstars zu ähneln.

Der letzte Titel dieser CD lässt ein wenig intensiver auf den Text hören. Wird er bei "You know how women are" etwa über Eigenarten der holden Weiblichkeit lästern? Wird er sich den Zorn der Ladies zuziehen? Nein, Buddy Jewell ist begeistert von der Einfühlsamkeit, dem Verständnis und der Liebe seiner Frau und lässt durch die Verallgemeinerung alle Frauen in den Genuss seiner zärtlichen Worte kommen. Liebe Leser, wir haben es hier wohl mit dem neuen Womanizer der Country-Szene zu tun. Aber man muss neidlos (?) anerkennen: Er hat es verdient!

Resümee:

Hier hat ein kommender Nashville-Star sein Debütalbum vorgelegt, das wegen des Medieninteresses von überaus professioneller Hilfe auf Produzenten- und Musikerseite begleitet wurde, aber dabei den Sänger nicht in den Hintergrund treten lässt. Buddy Jewell ist nicht das Produkt der Castingshow, sondern ein Diamant, der erst dadurch zutage gekommen ist, und mit diesem Album einen fantastischen Einstieg geschafft hat. Die Songs sind auf angenehmste Art und Weise Country und verzichten auf die heutzutage leider zu oft eingesetzten Pop-Anschmeicheleien. Sie sind ehrlich, geradeaus und profitieren von einer wohlklingenden neuen Stimme, von der wir uns noch viel versprechen. Den Abzug eines Punktes verdankt dies Album dem Duett mit Miranda Lambert, aber das nächste Album könne vielleicht schon den Full Pull schaffen.



Lothar Heising

Trackliste

1I wanna thank everyone
2Help pout out the rain (Lacey´s song)
3Sweet southern comfort
4Today I started loving you again
5Abilene on her mind
6One in a row
7O´Reilly Luck
8Why we said goodbye
9One step at a time
10I can get by
11You know how women are
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger