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Harem. Les Fetes du Seraïles
Info
Musikrichtung:
Klassik Orchester / klassische türkische Musik
VÖ: 01.11.2007 Christophorus / Note 1 CD (AD DDD 2002) / Best. Nr. LM002 Gesamtspielzeit: 74:2 |
HINTER VERSCHLOSSENEN TÜREN
Harem. Les Fetes du Seraïles: Diese Fusion von Orient und Okzident knüpft nahtlos an Dream of the Orient an, die Ensembleleiter Werner Erhardt 2003 noch in seiner Funktion als Konzertmeister von Concerto Köln bei der Deutschen Grammophon Archiv-Produktion herausgebracht hat.
Auch in diesem Fall musizieren ein klassisches Orchester - in diesem Fall l’arte del mondo - und eine türkische Gruppe (das Pera-Ensemble unter Mehmet Cemal Yesilcay) gemeinsam. Ost und West spielen sich sozusagen abwechselnd die musikalischen Bälle zu, jonglieren aber auch gemeinsam. Und wie bei der Vorgängerplatte fasziniert und irritiert die Verbindung bzw. Gegenüberstellung der ganz verschiedenen musikalischen Welten. Der Okzident ist durch eine illustre Suite aus Les Fetes du Seraïles von Christian Cannabich sowie Arien aus dem Opern-Fragment Zaide von W. A. Mozart vertreten. Auf türkischer Seite erklingen Improvisationen und Stücke von Sultan Beyazid II., Selim III., Ali Ufki Bey u. a.
Für sich genommen sind beide Sphären sehr reizvoll und werden stilkundig dargeboten. Mozarts zauberhafte Zaide ist im Mozart-Jubeljahr 2006 gleich mehrfach aus dem Dornröschenschlaf erweckt worden und zeigt auch als Stückwerk die Handschrift des reifen Komponisten. Stephanie Ellits Sopran wirkt leider vor allem in „Ruhe Sanft“ zu angespannt. Cannabichs anmutig-vitale Serail-Feiern dagegen sind klassische Tänze mit exotisierendem Kolorit. Mit dem türkischen Idiom, seinen fremdartigen Tonleitern und den üppig blühenden Ornamenten verbindet die westliche Musik allerdings wenig. Alle Versuche, die beiden Welten zu verschmelzen, wirken eher gezwungen. Richtungslos und wie mit fremder Zunge gesprochen wirkt das improvisierte Vorspiel auf der Trapezzither Kanun zu der Arie „Ruhe sanft“; die Schlagzeugeinwürfe zum eröffnenden Contredance von Cannabich wirken wie ein Stück im Stück. Weniger auffällig sind dagegen die Einsätze des Orchesters bei der klassischen türkischen Musik.
Wie befreit wirken dagegen die orientalischen Klänge, wenn sie in ihrer eigenen Sprache sprechen dürfen. Erstaunlich ruhig und entspannt klingen die türkischen Kompositionen. Sie lassen durchaus etwas von der geheimnisvollen Kultur der Serailes mit ihren in künstlerischen und erotischen Dingen eigens ausgebildeten Odalisken erahnen. Es waren diese für normale Männer unsichtbaren und verbotenen Frauen, die die auf Exotisches alles Art versessene europäische Phantasie im 18. Jahrhundert intensiv beschäftigten.
Die Präsentation der CD ist luxuriös. Die kulturgeschichtlichen Beträge sind historisch und musikalisch breit angelegt und wunderschön illustriert. Ein informatives Interview von Michael Stegemann mit Erhardt und Yesilcay rundet die Platte ab.
Georg Henkel
Besetzung
Georg Poplutz, Tenor
Bekir Ünlüataer, türkischer Gesang
Ensemble l´arte del mondo
Pera Ensemble Istanbul, Ltg. Mehmet Cemal Yeşilçay
Gesamtleitung Werner Ehrhardt
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |