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Altnickol, J. Chr. (Straube)

Befiehl du deine Wege (Messe und Motetten)

Info Musikrichtung: Barock / Frühklassik VÖ: 01.10.2007 Carus Verlag / Note 1 (CD, DDD (AD: 2004/2005) / Best.nr. 83.168) Gesamtspielzeit: 50:33 Internet: Carus Verlag Norddeutscher Figuralchor Musica Alta Ripa

Vier Jahre lang war Johann Christoph Altnickol (1719-1759) Schüler von Johann Sebastian Bach, wobei er während dieser Zeit auch in Bachs Haushalt lebte. Das blieb nicht ohne Folgen: 1748 heiratete Altnickol die Bach-Tochter Elisabeth Juliana Friederica. Doch wohl nicht nur deshalb setzte Bach sich für seinen Schüler ein, wo er nur konnte, und sorgte durch seine Empfehlung auch dafür, dass Altnickol zunächst eine Organistenstelle in Niederwiesa (Schlesien) und schließlich in Naumburg erhielt.
Wie groß der stilistische Einfluss des Schwiegervaters auf den jungen Komponisten war, lässt sich an dessen Choralmotette "Befiehl du deine Wege" ablesen. In ihrer barocken Rhetorik, ihren tonmalerischen Auszierungen und ihrer bei aller kreativen Verarbeitung des Materials doch stets deutlichen Anlehnung an die Choralmelodie folgt sie dem Vorbild der Bach-Motetten. Zugleich übersteigert Altnickol manche der von dort vertrauten Mittel derart, dass einige der Verse in ihrer kühnen Chromatik äusserst modern tönen. Demgegnüber stehen einzelne Sätze, die sich von der barocken Tonsprache abwenden hin zum damals aufkommenden galanten Stil. Die dadurch entstehenden Brüche werden nicht kaschiert - man könnte sagen, Altnickol wechselt im Galopp wiederholt die Pferde. Auf diese Weise erleben wir die Musik an einer Schnittstelle, in der das Alte bis zur Maniriertheit gesteigert wird und offenkundig nicht mehr weiterführt, das Neue aber noch nicht zu einer reifen Form gefunden hat.

Die Elemente des galanten Stils fehlen hingegen in der Missa in d, die als damals in den protestantischen Kirchen übliche Kurzmesse gehalten ist, also nur aus Kyrie und Gloria besteht.
Auch die Motette "Nun danket alle Gott" erinnert eher an den reinen Bach-Stil und wurde daher nicht zufällig lange Zeit dem Schwiegervater zugeschrieben.

Der Norddeutsche Figuralchor bewegt sich sicher durch als chromatischen und polyphonen Untiefen dieser Musik. Er legt ihre Struktur durch einen homogenen und zugleich transparenten Gesamtklang offen. Jörg Straube sorgt dabei für einen frischen, bewegten Grundduktus.

Ein spannendes Tondokument, das die Übergangszeit zwischen zwei Musikepochen lebendig werden lässt und das einen bedauern lässt, dass nur sehr wenige Kompositionen Altnickols überliefert sind.

Sven Kerkhoff