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Reviews

Cavalli, F. (Biondi)

La Didone



AUSGRABUNG IM LA FENICE

Die DVD erweist sich für frühbarocke Opern als ideales Medium. Weil die Orchester noch klein sind und die musikalischen Formen in der einen oder anderen Weise vom Rezitativ herkommen, das Ganze also mehr ein musikalisiertes Theater denn eine opulente „theatralische“ Musik ist, verlebendigt eine passende dramatische Szene die Angelegenheit ungemein. Auch gewinnen die oft verwickelten Handlungen mit ihrem unüberschaubaren Personal deutlich an Transparenz. Francesco Cavallis dreiaktige La Didone aus dem Jahre 1641 ist nach La Calisto inzwischen die zweite Oper des Venezianers, die das Glück einer nicht nur akustischen Präsentation hat.

Sehr gelungen ist die an sich unspektakuläre Inszenierung im jüngst aus den Ruinen wiedererstandenen traditionsreichen „La Fenice“. Endlich scheint man sich auch im Geburtsland der Oper der eigenen Wurzeln dieses Genre zu besinnen! Bislang fanden die Ausgrabungen im Ausland statt …
Die Fakultät für Kunst und Design der Universität Venedig zeichnet für Regie und Ausstattung verantwortlich. Der dezent archaisierende Stil der Kostüme, der weitgehende Verzicht auf Requisiten und die kubische Stilbühne passen zum mythischen Tragödien-Stoff (der allerdings durch ein Happy-End etwas von seiner ursprünglichen Gewalt einbüsst: die kathargische Königin Dido stirbt nicht aus Liebeskummer, sondern lässt sich am Ende mit einem bislang verschmähten Liebhaber ein, während der von der Königin begehrte Äneas gen Italien weitersegelt).
Die Bühne wurde erweitert und um den Orchestergraben herum gebaut, was dem agilen kammermusikalischen Charakter der Musik entgegen kommt. So wie sich die Sänger/innen auf der Bühne bewegen, so bewegen sich auch die (Continuo)Klänge im Orchestergraben. Der bislang vor allem als brillanter Vivaldi-Interpret bekannte Geiger Fabio Biondi hat die Partitur effektiv eingerichtet: Anders als René Jacobs bevorzugt er bei der Orchestrierung der Ritornelle mehrheitlich einfache Klangfarben; Flöten-, Zinken- und Posaunenregister, die zu den Streichern hinzutreten, illuminieren die Szenen stimmig. Sein Ensemble Europa Galante bleibt der Musik nichts an Ausdrucksintensität schuldig. Auch im Continuo fehlt es nicht an dramatischen Kolorierungen, die genau auf die dichtverwobenen Rezitative, Ariosi und Arien abgestimmt sind. Vor allem im dramaturgisch bündigen 2. und 3. Akt hält das Ensemble die Spannung durchgängig.

Optimal besetzt sind die beiden Hauptrollen. Claron McFadden setzt Cavallis sprachnahes Melos als von brutalem Stolz und verzweifelter Leidenschaft getriebene Königin unter hochexpressive Spannung, während der norwegische Tenor Magnus Staveland seinen Äneas mit baritonaler Farbe markant und sinnlich zugleich anlegt. Die übrigen Sänger/innen übernehmen im figurenreichen Stück gleich mehrere Rollen. Während der Altus von Jordi Dmènech eher trocken klingt, stechen vor allem die Damen Manuela Custer, Marina De Liso und Donatella Lombardi durch alles andere als virginale Alte-Musik-Stimmen hervor, ohne gleich die typischen Opernklischees zu bedienen.

Alles in allem ein gelungene Produktion, instrumental und vokal lebendig und technisch auf hohem Niveau. Knappes mehrsprachiges Booklet.



Georg Henkel

Besetzung

Claron McFadden – Dido
Magnus Staveland – Äneas
Jordi Dmènech – Jarbas / Korebus
Manuela Custer – Cassandra / Juno / Damigella
Marina De Liso – Hecuba / Mercur / Ilione
Donatella Lombardi – Kreusa / Anna / Damigella
Isabel Álvarez – Ascanio / Amor / Fortuna
u. a.

Europa Galante
Fabio Biondi - Ltg. und Violine
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