Reviews
Jupiter Y Semele
Info |
LITERES ZUM DRITTEN: BANZO SETZT DIE ERFOLGSREIHE FORT
SPANISCHE "BAROCKOPERETTE"
Eduardo López Banzo hat mit vielfach preisgekrönten Einspielungen einer Oper (Los Elementos) des spanischen Barockkomponisten Antonio de Literes (1673-1747) und einer seiner Zarzuelas (Acis y Galatea) diesem Seitenpfad der Musiktheatergeschichte zu neuer Aufmerksamkeit verholfen (beide Aufnahmen bei BMG - Deutsche Harmonia Mundi). Nun knüpft er an diese Erfolgsstory an und legt die Aufnahme einer weiteren Zarzuela vor, nämlich "Jupiter y Semele".
Diese Zarzuelas haben sich im 17. Jahrhundert in Spanien als Gegenmodell zur Oper italienischen Stils entwickelt. Sie zeichnen sich durch eine Betonung folkloristischer Elemente, durch musikalische Einschübe bzw. Zwischenmusiken, Chor und Tanz, sowie dadurch aus, dass Teile des Librettos gesprochen vorgetragen werden. So entsteht ein abwechslungsreiches Bühnengeschehen, bei dem die Grenzen zwischen Oper und Theater verwischen.
MYTHOLOGISCHER STOFF VOLLER LEBENDIGKEIT
Die Handlung geht zurück auf Ovids "Metamorphosen": Semele provoziert durch ihr Liebesgeplänkel mit Jupiter dessen Gemahlin Juno, die gemeinsam mit dem von Jupiter zuvor gekränkten Cupido eifersüchtig auf Rache sinnt. Sie verleiten Semele, die von den himmlischen Verwicklungen nichts ahnt, einen Liebesbeweis von Jupiter zu fordern: Er soll sich ihr unverhüllt, in seiner strahlenden Göttlichkeit zeigen. Als er ihrem Wunsch nachkommt, verglüht Semele im Feuer jener Blitze, die von Jupiters göttlichem Wesen ausgehen.
Semele - dem einzigen Mensch zwischen all den Götterfiguren - ist eine reine Sprechrolle zugewiesen. Die anderen Handelnden hat Literes mit einem großen Reichtum an melodischen, rhythmischen und orchestralen Einfällen bedacht. Das Werk beginnt dabei in einem aufgeregten Grundton (die Kastagnetten-Freunde kommen auf ihre Kosten) , der erst nach und nach auch ruhigeren Passagen Raum gibt.
Was die Sprechrolle der Semele und überhaupt die gesprochenen Dialoge angeht, so werden diese von den Akteuren bei dieser Liveaufnahme ungemein lebendig gestaltet. Sicher ein Genuß für jeden, der des Spanischen mächtig ist, aber Sinn und Stimmung erschliessen sich durchaus auch ohne weitere Sprachkenntnisse und ansonsten hilft das liebevoll gestaltete und detaillierte Booklet über etwaige Verständnisprobleme hinweg.
ZUPACKEND UND STIMMLICH AUF DER HÖHE PRÄSENTIERT
Wie bereits in den Vorgängeraufnahmen hat Banzo sein Ensemble, das Al Ayre Espanol, bestens im Griff. Er geht das Stück glutvoll und mit spielerischem Schwung an. Schon die einleitende Sinfonia, ein Stück von Domenico Scarlatti, das Banzo im Rahmen seiner Rekonstruktion der Oper hinzugefügt hat, wirkt mitreißend.
Ansonsten lebt die Aufnahme vom Live-Charakter: Die Bühnengeräusche sind deutlich vernehmbar, jedoch ohne zu stören. Was die Gesangssolisten angeht, so merkt man durchaus, dass eben keine Studioproduktion mit der Möglichkeit zur Wiederholung, Nachbearbeitung usw. vorliegt. Nicht jeder Einsatz sitzt perfekt, und ab und zu wird auch mal ein Ton "geschludert". Wegen der größeren Lebendigkeit nimmt man das gerne hin: Nichts vertrüge so ein Stück weniger, als übertriebene Künstlichkeit.
Marta Almajano gibt den Jupiter mit einer passenderweise leicht kehligen, durchdringenden Sopranstimme. Nicht immer ganz intonationssicher zeigt sich Lola Casariego in der Rolle des Cupido. Ihr an sich schöner Mezzosopran macht aber so manches wett. Zum Star dieser Aufnahme ist Soledad Cardoso geworden. Die Sopranistin verkörpert Juno farb- und variantenreich, mit einer in der Grundanlage mädchenhaften Stimme - Jupiters Gemahlin erscheint hier mal nicht als keifende Alte, sondern ganz im Gegenteil als eine um ihre Liebe kämpfende junge Frau bzw. Göttin.
Auch die weiteren Rollen sind adäquat besetzt, wobei insbesondere noch die Mezzosopranistin Marina Pardo angenehm auffällt.
Alles in allem erneut ein großes, schwungvolles Hörvergnügen, ein Rest von südlichem Sommer im grauen deutschen Herbst - auch wenn dieser Wurf nicht mehr ganz die Originalität der Vorgängeraufnahmen erreicht.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Lola Casariego - Cupido (Mezzosopran)
Soledad Cardoso - Juno (Sopran)
Marina Pardo - Enarreta (Mezzosopran) u.a.
Al Ayre Espanol
Ltg. Eduardo López Banzo
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |