Reviews
Snakes & arrows
Info
Musikrichtung:
Prog Rock
VÖ: 27.04.2007 (Anthem/Warner Music) Gesamtspielzeit: 62:48 Internet: http://www.rush.com |
Like a flower in the desert that only blooms at night, I will quietly resist
Ein neues Album der Kanadier Rush wird immer sehnsüchtig von der Progrock-Gemeinde herbeigesehnt. Und obwohl die Band in letzter Zeit mit Veröffentlichungen in Form diverser Live-DVDs/-alben und einer Scheibe mit Coverversionen regelrecht um sich warf, dauerte es doch eine gefühlte Ewigkeit bis man wieder mit neuer Musik an die Öffentlichkeit trat. Denn das letzte reguläre Studioalbum liegt nun auch schon wieder fünf Jahre zurück. Und da im Prinzip kein Album des Dreiers wie das andere klingt, darf man jedes Mal auf ein Neues gespannt sein, in welche Richtung Rush ihren Fokus richten. Mit dem Studiovorgänger Vapor trails aus dem Jahr 2002 klang man zum Beispiel zuletzt für die eigenen Verhältnisse recht schroff und dunkel. Kein Wunder, hatte man dort eine lange persönliche Krise und Sinnsuche verarbeitet. Gleichzeitig präsentierte sich dort eine Band die nicht lange vorher noch am Abgrund stand und sich nun mit neuem Hunger intensiv nach vorn spielte.
Doch heute ist die persönliche Welt eine andere und Snakes & arrows klingt dagegen sehr warm und harmonisch. Sämtliche negativen Gefühle, welche in Vapor trails verarbeitet wurden, scheinen endgültig der Vergangenheit anzugehören und man kann die gute Stimmung und den Optimismus der während der Aufnahmen herrschte, regelrecht spüren. Die entspannte Arbeitsweise die man sich während der Aufnahmen des Coveralbums Feedback angewöhnt hatte (einfach treffen und zu dritt losspielen), tat wohl ihr Übriges dazu. Rush präsentieren sich auf Snakes & arrows wieder melodisch verspielt wie eh und je. Von diesem Standpunkt her könnte man das Album gut zwischen Counterparts und dem unterbewerteten Presto einordnen. Nur dass der Sound heutzutage nicht mehr so kalt und steril wie bei letzterem klingt, sondern sehr warm, organisch und auch zeitgemäß, ohne zu modern zu wirken. Der für den Produzentenjob engagierte Nick Raskulinezc (u.a. Foo Fighters, Stone Sour) hat hier also ganze Arbeit geleistet.
Ebenfalls ganze Arbeit haben natürlich auch wieder die drei Musiker selbst geleistet. Gleich die beiden ersten Stücke „Far cry“ (hier ein Videoclip dazu) und „Armor and sword“ stecken voller wohl klingender Melodiebögen und sinnvoll gesetzten Breaks. Das sind die Rush, wie man sie immer geliebt hat. Ohrenschmeichelnd, mitreißend und mit so einigen spielerischen Kabinettstückchen. Songwriterisch haben sich Rush somit wieder auf ihre alten Tugenden besinnt, aber nicht ohne ein paar dezente neue Nuancen mit einzubringen. So scheute sich Alex Lifeson z.B. nicht ein paar bluesige Licks einzuflechten. Auch gestand man akustischen Gitarren eine gewisse Rolle in den ansonsten auf rockigen Riffs basierenden und keyboardfreien Songs zu. Diese gewinnen zwar nie die Oberhand, sorgen aber im Hintergrund doch oft für eine entspannte Atmosphäre. Damit werden sich diejenigen glücklich, die mit dem Vorgänger nicht wirklich warm geworden sind.
Weitere Highlights neben den oben genannten Songs sind das großartige Instrumental „The main monkey business”, das beschwingt klingende „Working them angels“, das leicht alternativ anmutende „Bravest face“, das riffbetonte „When the wind blows“, sowie das melodische „Faithless“. Letzteres ist auch textlich sehr interessant. Stellt der Song doch eine der intelligentesten Religionskritiken der letzten Zeit dar. Es ist so etwas wie die lyrische Schlüsselnummer des Albums, auf dem Neil Peart sich besonders mit den großen und kleinen menschlichen Ungerechtigkeiten im Allgemeinen und dem aktuellen Zeitgeschehen (besonders Glaubensdinge) im Speziellen auseinandersetzt. Wie zu erwarten niemals platt, sondern stets poetisch anmutend und durchdacht.
Um es kurz machen, Rush ist abermals ein sehr empfehlenswertes Album gelungen. Alles andere wäre auch als eine Enttäuschung zu verbuchen gewesen. Das gute Stück entfaltet zwar nicht beim ersten Hören seine ganze Stärke, ist aber auch weit davon entfernt, dass man es sich schön hören müsste. Viel eher stellt es einen traditionellen Grower dar, mit dem man sich eine ganze zeitlang beschäftigen kann.
Mario Karl
Trackliste
1 | Far cry | 5:18 |
2 | Armor and sword | 6:36 |
3 | Workin’ them angels | 4:46 |
4 | The large bowl | 4:07 |
5 | Spindrift | 5:23 |
6 | The main monkey business (Instrumental) | 6:01 |
7 | The way the wind blows | 6:28 |
8 | Hope (Instrumental) | 2:02 |
9 | Faithless | 5:31 |
10 | Bravest face | 5:11 |
11 | Good news first | 4:51 |
12 | Malignant narcissism (Instrumental) | 2:16 |
13 | We hold on | 4:12 |
Besetzung
Alex Lifeson (g)
Neil Peart (dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |