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Dom Sébastien, roi de Portugal
Info
Musikrichtung:
Oper
VÖ: 01.04.2007 Opera Rara / Note 1 (3 CD, DDD (AD: 2005, live) / Best.nr. ORC33) Gesamtspielzeit: 176:00 Internet: Opera Rara |
FRANZÖSISCH, HALBTROCKEN
Welche Namen fallen einem ein, wenn man an die Grand opéra des 19. Jahrhunderts mit ihren ernsten, meist historischen Stoffen und ihrem üppigen Bühnenspektakel denkt? Am ehesten doch wohl Meyerbeer, Auber und Berlioz - wer aber würde an den Italiener Gaetano Donizetti (1797-1848) denken? Nun, hier wird man sich umgewöhnen müssen, dank der neuesten "Opernausgrabung" des britischens Labels Opera Rara.
Nicht allein mit ihrer eng an das französische Idiom angelehnten Melodik, sondern auch mit der Art der dramaturgischen Gestaltung, des aufwendigen Personaltableaus, des Einsatzes sogar von Ballettmusik folgt Donizetti in seinem letzten Bühnenwerk dem französischen Geschmack der Zeit und erscheint seinem Kritiker Berlioz, der dem Italiener den Erfolg in Frankreich neidete, auf einmal künstlerisch verblüffend nah. Donizetti zeigt sich hier eher an dramatischen Stimmungszeichnungen, denn an Charakterstudien der Figuren interessiert. Demgemäß ist das melodische Element im Vergleich zu seinen früheren Opern zurückgedrängt. Zugleich findet sich eine auffallend abwechslungsreiche Instrumentierung.
Das von Eugene Scribe nach einem Drama Paul-Henri Fouchers verfasste Libretto dreht sich um das Schicksal des portugiesischen Königs Sebastién. Dessen überstürzter Feldzug um Nordafrika "zu befreien" und zu christianisieren, endete im 16. Jahrhundert in einer katastophalen militärischen Niederlage, in welcher auch der König umkam. Nichtdestotrotz avancierte er zu einem Nationalhelden und zu einer Art mythologischen Figur.
Wie es sich für die Grand opéra gehört, bildet das historisches Geschehen aber nur die Kulisse für ein verwickeltes Spiel um Liebe, Verrat, Intrige und Tod. Über fünf Akte erstreckt sich diese alles andere als stringente und auch nicht immer logische Handlung.
In der Londoner Aufführung aus dem Jahre 2005 stand ein namhaftes Ensemble zur Verfügung, das allerdings - vielleicht nicht zuletzt wegen des konzertanten Charakters - der Geschichte nicht immer die nötige Lebendigkeit verleiht. An Mark Elders engagiertem Dirigat liegt dies allerdings nicht. Er lässt pointiert und farbenreich musizieren. Eher hinderlich ist hingegen die extrem trockene Akustik der Aufnahme.
Unter den Sängern gelingt es nicht allen, sich in ihre Rolle einzufinden und den Figuren Gestalt zu geben. Dabei wirkt Vesselina Kasarovas Mezzosopran bei aller Durchsetzungskraft bisweilen überraschend flackrig, ihr Französisch alles andere als akzentfrei. Giuseppe Filianotis lyrischer Tenor, der in der tieferen Lage über eine dunkle, baritonale Färbung verfügt, gibt dem Titelhelden eine kraftvolle Aura, hat aber mit einigen Spitzentönen so seine Schwierigkeiten. Durchweg heldenhaft und heissblütig tönt demgegenüber Simon Keenlyside in der Rolle des Heerführers Abayaldos. Alastair Miles hätte man für seine Auftritte als Großinquisitor etwas mehr tiefschwarze Farbe in der Baßstimme gewünscht.
Mit dieser zwar soliden, aber nicht überragenden Leistung der Solistenriege vermag es diese Einspielung nicht, über die Längen des Werkes und seine dramaturgischen Schwächen hinwegzutäuschen. Wegen der Sonderstellung der Oper im Schaffen Donizettis und nicht zuletzt aufgrund der edlen Aufmachung und des luxuriösen, informativen Booklets jedoch werden eingefleischte Opernfans diese Bereicherungs des Katalogs dennoch sehr zu schätzen wissen.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Dom Sébastien: Giuseppe Filianoti
Dom Juam de Sylva: Alastair Miles
Abayalados: Simon Keenlyside
Camoens: Carmelo Corrado Caruso
u.a.
The Royal Opera Chorus
The Orchestra of the Royal Opera House
Ltg. Mark Elder
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