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Ravel, M. (Barto)

Gaspard de la nuit / Miroirs / Jeux d’eau

Info Musikrichtung: Impressionismus Klavier VÖ: 15.03.2007 Ondine / Note 1 CD (AD DDD 2006) / Best. Nr. ODE 1095-2 Gesamtspielzeit: 63:53

Auch als Nicht-Impressionist bin ich dieser Einspielung mit Klavierwerken von Maurice Ravel sofort verfallen: Tzimon Barto spielt die mal naturalistisch, mal folkloristisch oder durch Märchenstoffe inspirierten Klavierwunderwerke des Franzosen mit einer derartig sinnenverwirrenden, dabei zugleich kristallklaren Delikatesse und Klangsinnlichkeit, dass man gleich beim eröffnenden Ondine aus dem Zyklus Gaspard de la nuit mit der Nixe in den virtuellen pianistischen Meereswogen versinken möchte. Wie viele Hände da am Werk sind, wie viele Stimmen hier erklingen, ist kaum auszumachen. Eine perfekte traumwandlerische Illusion. Gerade der äußersten Verfeinerung der Mittel verdankt der Impressionismus seine lockenden und faszinierenden wie auch seine abstoßenden, dekadenten Momente. Barto gelingt das Kunststück, Verzückung und Schauder, Süße und Schärfe, Kunst und Kitsch souverän gegeneinander auszubalancieren und den Hörer die Impressionen des Komponisten nicht nur hören, sondern auch sehen, fühlen und riechen zu lassen.

Höhepunkt ist der fingerbrecherische Wahnsinn des gnomenhaften Vampirs Scarbo, den Barto mit seinen spinnengeschwinden, Gegenläufigkeiten und Verwirbelungen gekonnt ausspielenden Interpretation fast zu einer multiperspektivischen Ligeti-Etüde macht. Wobei „Etüde“ hier keinesfalls wörtlich zu nehmen ist: Keinen Moment denkt man an die bloße technische Bewältigung von Noten-Irrwitz. Auch in dem Zyklus Miroirs findet Barto aufregend „moderne“ Lösungen, ohne den Komponisten einfach selbstverliebt gegen den Strich zu bürsten. Noch der karikierende Spanien-Sound der Alborada del gracioso entgeht bei Barto jedem übertrieben deftigen Folklore-Klischees elegant, gibt sich augenzwinkernd graziös.

Georg Henkel