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Mitterer, Wolfgang (Rundel)

Coloured Noise (2005). Brachialsymphonie für 23 Musiker und Electonics

Info Musikrichtung: Neue Musik Ensemble VÖ: 13.11.2006 Kairos / harmonia mundi CD (AD 2006) / Best. Nr. 0012592KAI Gesamtspielzeit: 68:16

Coloured Noise klingt so, als hätte der Komponist Helmut Lachenmann seinen Geräusch-Klängen mal für einen Abend freigegeben, damit sie sich in der Disko austoben können (und vielleicht auch mal mit der U-Musik fremdgehen).
Der gar nicht mal ironisch gemeinte Untertitel, den der österreichische Komponist Wolfgang Mitterer (Jg. 1958) seinem Werk beigegeben hat, lautet „Brachialsymphonie für 23 Instrumente und Electronics“. Brachial, das steht laut Mitterer für „organisch, vielgesichtig, körperlich, durchschaubar, fassungslos“. Und genauso hört sich das 2005 vom Klangforum Wien unter Peter Rundel aufgeführte Coloured Noise an: Das ist Wilde Neue Musik, komponiert und interpretiert mit hohem Lustfaktor - wenngleich in dieser Dichte und Mischung wohl kaum jedermanns Geschmack. Die Klänge fliegen einem nur so um die Ohren.

Mitterer kombiniert in fünf Abschnitten akustische Klänge und Sounds aus der Konserve. Für letztere hat der Komponist einige seiner älteren Produktionen mit improvisierter Musik angezapft. Die „lebenden“, auskomponierten Beiträge des Klangforums und die synthetischen E-Klänge verschmelzen unentwirrbar miteinander. Dem Ganzen setzt Mitterer persönlich mit röhrenden, gleißenden oder donnernden Ad-hoc-Orgeleinsätzen die Klangkrone auf. Das Ergebnis ist ein virtuelles Weißes Rauschen, das Mitter immer neu durch den kompositorischen Filter jagt, um einzelne Klangbänder und -ereignisse herauszupräparieren: Coloured Nosise eben. Für Entspannung vom dionysischen Taumel sorgen Passagen, in denen mit reduziertem Material gearbeitet wird, so dass sich Ruhepunkte und sphärische Klangräume ergeben.

Live dürfte die Wirkung durchaus mitreißend sein, auf CD ermüdet die etwas beliebig wirkende Materialschlacht nach einiger Zeit allerdings.
Für hyperaktive Soundjunkies.

Georg Henkel