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Guedron – Boesset - Moulinié (Horvat)

La Semaine Mystique

Info Musikrichtung: Geistliche Musik Barock VÖ: 01.11.2006 Alpha / Note 1 CD (AD DDD 2005) / Best. Nr. Alpha 103 Gesamtspielzeit: 60:57

Andacht und Unterhaltung - ja, geht das denn zusammen? Es geht. Oder besser: Es ging. Im Barock waren die weltlichen und geistlichen Freuden sozusagen nur die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Sinnlicher Leib und spirituelle Seele waren beide für himmlische Erfahrungen empfänglich, die Medien für ihre Inspiration austauschbar. Insbesondere die Musik vermochte mühelos, dies- und jenseitige Sphären zu vereinen, Geist und Sinne gleichermaßen anzusprechen. Meist war allein der Text ausschlaggebend dafür, ob das Stück dem religiösen oder profanen Kontext zugehörig war.
Wenn aber - wie auf der vorliegenden CD - auf einen tieffrommen, choralartigen Devotions-Gesang aus der Feder von Bruder Guillaume Marc und Peter Philipps zunächst ein humorvolles Air von Pierre Guédron folgt, wirkt das wie Feuer und Eis. Bis man das besagte Air im Anschluss daran in einer religiös umtextierten anonymen Parodiefassung hört. Augenblicklich weicht auch der kecke Ton des Originals einem gemesseneren Vortrag; an die Stelle der quirligen Lebensfreude der Urfassung tritt ein mehr spiritueller Jubel: Konversion geglückt.

Auf gewisse Weise liegt hier das Gegenstück zur prächtigen Repräsentationsmusik der CD Le Vœu de Louis XIII. vor: Zusammen mit den kurzen erbaulich (französischen!) Sprechtexten aus der Feder diverser geistlicher Schriftsteller ergibt das von Ensembleleiter Marco Horvat und den Musiker/innen von Faenza zusammengestellte Programm einen Einblick in die private religiöse Andachtswelt des 17. Jahrhunderts in Frankreich, wobei die Kombination von weltlichem Original und geistlicher Parodie weniger einem historischen denn didaktischen Prinzip folgt.
Lauten und Gitarren sorgen für die sparsame, dennoch stilvolle instrumentale Begleitung der meist mehrstimmigen Gesänge. Gut vorstellbar, dass die geistliche Hausmusik seinerzeit so geklungen hat.
Die Sänger/innen sind erfahrene Kräfte aus dem Bereich der Alten Musik, dennoch erreicht die Darbietung nicht die magische Konzentration und betörende klangsinnliche Wirkung, wie sie bei teilweise identischem Repertoire Le Poème harmonique gelingt. Die Interpretation von Faenza ist gewissermaßen bodenständiger und geht weniger von einem „kunst“- als „gebrauchsmusikalischen“ Ideal aus. Aber auch das kann ja sehr erhellend und - Devotion hin, Devotion her - unterhaltsam sein.

Georg Henkel