Reviews
Marking time
Info
Musikrichtung:
Think Rock
VÖ: 17.11.2006 (10T Records) Gesamtspielzeit: 57:51 Internet: http://www.fluttreffect.com |
Mari Karl:
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Diese Album der Bostoner Band Fluttr Effect (bereits das zweite) weist nicht nur eine ziemlich nachdenkliche und ernsthafte Grundstimmung auf, sondern klingt überwiegend seltsam und des Öfteren ziemlich anstrengend - und jetzt kommt das große aber - aber auf eine gewisse Art auch wirklich interessant. Freunde von Easy Listening sollten bitte zum nächsten Review klicken. Wer mal was etwas Anderes sucht liest bitte weiter.
Die Grundbausteine des Quintetts klingen schon etwas unkonventionell. Fluttr Effect bestehen nicht wie die meisten Bands im progressiven Sektor nur aus (Achtung Klischee!) männlichen hornbebrillten Musikstudenten, sondern zu drei Fünftel aus attraktiven Damen. Sie spielen dann nicht die für das weibliche Geschlecht so oft üblichen Instrumente Bass und Keyboard, sondern Cello, MIDO-Marimba und Melodica. Diese ersetzen auch in manchen Abschnitten so geschickt die vorgenannten Instrumente, dass es einem beim ersten Hören gar nicht auffällt.
Neben diesen mehr unterschwelligen Merkmalen die schon viele interessante Akzente setzen, ist auch Sängerin Kara Trott ein Aushängeschild der Band. Sie klingt des Öfteren wie eine euphorische Jazz-Chanteuse und es fällt einem am ehesten noch eine hysterische Tori Amos als Vergleich ein. Manchmal etwas nervenzerrend, aber einzigartig. Musikalisch wandern Fluttr Effect auf vielen Stilpfaden. Seien es geradlinige und manchmal gar metallische Riffs, King Crimson-artige Versatzstücke, Pop, Lounge-Jazz, Folk oder ein Abdriften in New Artrock-Gefilde. Stilistische Grenzen? Gibt es im musikalischen Universum von Fluttr Effect nicht. Eine wahrer Crossover den die Band selbst „Think Rock“ nennt. Äußerst passende Bezeichnung, wie ich finde.
Als wäre das nicht schon genug, überschüttet das Quintett den Hörer noch mit einem ganzen Kübel an wahnwitzigen Songwritingideen. Dies ist gleichzeitig größter Plus- wie Minuspunkt der Band. Es wird stellenweise versucht etwas zu viel in einen Song gleichzeitig zu packen, was das Hören nicht immer gerade einfach gestaltet. Mit zunehmender Spielzeit besteht damit die Gefahr, dass das Gehörte immer mehr an einem vorbei rauscht, sollte die Aufmerksamkeit etwas nachlassen. Im Optimalfall entstehen aber wirklich tolle Songs wie z.B. „Awake“. Zumindest langweilig wird es auf der CD kaum.
Eine generelle Kaufempfehlung kann ich für Marking time“ leider nicht aussprechen. Dafür ist es einfach zu gewöhngsbedürftig. Aber für Leute die es gerne etwas ausgefallener und abseitig vom Mainstream mögen ist es definitiv einen Tip wert. Vorher Reinhören ist allerdings Pflicht. Man darf gespannt sein welche Kreationen die Band in Zukunft noch hervorbringt.
Norbert von Fransecky:
Ich stimme Mario mit fast jedem Wort seiner Review zu. Mit Ausnahme des letzten Absatzes.
Mensch Mario, Du hast die Weichduscher doch schon im ersten Absatz zum Teufel gejagt. Dann kann man die Latte hoch halten. Natürlich machen es Fluttr Effect dem Hörer nicht ganz einfach. Man findet sogar noch etliches mehr auf der Scheibe, als Du genannt hast. Ich höre z.B. noch die stimmlichen Qualitäten der Four non Blondes heraus, was ganz anderes, als die von dir zu Recht genannte Tori Amos.
Aber genau das ist das Grandiose an diesem Album. Du wirst nicht so schnell, vielleicht nie damit fertig. Und trotz dieser Komplexität schafft es das Damen-dominierte Quintett immer wieder packende Momente in die Scheibe einzubauen.
Darum kann ich im Gegensatz zu dir nur eine ganz heftig zum Kauf auffordern. Leute, das ist musikalisches Schwarzbrot, das euch lange Futter gibt. Ballaststoffreich und nahrhaft. Unter 16 Punkten (bei uns die Untergrenze für "sehr empfehlenswerte" Scheiben) ist da gar ncihts zu machen. Ich gebe 17.
Mario Karl & Norbert von Fransecky
Trackliste
1 | Like This | 4:03 |
2 | Talk To Me | 3:51 |
3 | Awake | 3:33 |
4 | Hollywood Is Porn I | 5:49 |
5 | Hollywood Is Porn II | 6:05 |
6 | February 1st 1896 | 3:39 |
7 | Lucky Glove | 4:33 |
8 | Don't know What You're Living For | 7:22 |
9 | Venus Loves Hades | 4:02 |
10 | Nowhere | 6:06 |
11 | Marking Time | 4:59 |
12 | Transmission - Remix (Hidden Track) | 3:49 |
Besetzung
Troy Kidwell (Guitar)
Valerie Thompson (Electric Cello)
J Marchionna (Drums)
Vessela Stoyanova (MIDI Marimba, Melodica)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |