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Stokowski, L. (Serebrier)

Symphonische Transkriptionen

Info Musikrichtung: Moderne/Barock VÖ: 31.07.2006 Naxos / Naxos (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 8.557883) Gesamtspielzeit: 67:51 Internet: Naxos

Wer kennt sie nicht: Leopold Stokowskis (1882-1977) kongeniale Orchestertranskription von Bachs Toccata und Fuge d-moll? Das perfekte Stück, um die Boxen der Steroanlage zum krachen und die Nachbarn zum schreien zu bringen. Diesen Evergreen sucht man allerdings vergeblich auf der neuen Stokowski-CD von Naxos. Wer ihn liebt, bekommt aber mit der Passacaglia und Fuge c-moll adäquaten und dabei weniger bekannten Ersatz im vertrauten Stokowski-Sound angeboten. Dieser funktioniert naturgemäß nicht überall gleich gut: Dem bekannten "Air" bekommt eine solche üppige Orchestrierung etwas schlechter, als den Orgelstücken.

Erstaunliche Effekte gelingen damit aber auch bei der Umsetzung des Choralsatzes aus der Osterkantate BWV 4, die praktisch kaum wiederzuerkennen ist, oder bei der Transkription der Arie "Es ist vollbracht" aus der Johannes-Passion - das ist auf einmal Filmmusik pur und es tönt so, als hätte es nie etwas anderes sein sollen. Dies wiederum liegt nicht etwa daran, dass Bachs Musik unverwüstlich wäre, sondern an Stokowskis Talent zur kunstvollen Übertreibung und zum Ausreizen jedes möglichen instrumentalen Effekts.

Die Stücke werden gleichsam "aufgeblasen", ohne dass der Ballon jemals platzt. Merkwürdig, dass sich Händels "Pastorale" unter diesem Einfluss der Transkription nur wenig zu verändern scheint.

Spannend ist es auch zu erleben, wie Stokowski zwei mittelalterlich archaische geistliche Hymnen aufgreift, in moderner Weise verknüft und ihnen dennoch im Orchestersatz ihre Eigenart und Kraft belässt.

Mehr als bei jeder anderen Art von Musik bleibt es Geschmacksfrage, ob man solche Transkriptionen schätzt und bereit ist, sich auf das Experiment, das sie darstellen, einzulassen. Wer aber vor einem solchen Sakrileg nicht zurückschreckt, kann hier einiges entdecken und wird zudem mit einem üppigen, dennoch transparenten Orchesterklang vom Bournemouth Symphony Orchestra unter der Leitung von José Serebrier verwöhnt.

Sven Kerkhoff