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Reviews

Greenberg, Jay

Symphonie Nr. 5 / Streichquintett


Info

Musikrichtung: Zeitgenössische Musik

VÖ: 13.10.2006

Sony Classical / SonyBMG (CD, DDD (AD: 2006), Best.nr. 82876 868452)

Gesamtspielzeit: 52:42

Internet:

Sony

Jay Greenberg

WUNDERKIND?

Wie ein Konfettiregen prasseln die musikalischen Einfälle in Jay Greenbergs fünfter Symphonie auf den Hörer ein. Assoziiert er in einem Moment noch „Ahhh, Bartok!“, so meint er bald darauf Gershwin, Dvorak, Debussy, Schostakowitsch, Ives, Strawinsky, Copland oder Barber wiederzuerkennen. Doch dies immer nur für einen kurzen Moment, bevor das musikalische Geschehen sogleich wieder eine überraschende Wendung nimmt.

Der gerade erst 14jährige Komponist scheint gedanklich bereits alle Epochen der Musikgeschichte durchschritten und ihre Essenz in sich aufgenommen zu haben. Vor dem Hintergrund eines durchaus romantischen Klangideals zerlegt er das so verinnerlichte Material neugierig in die kleinsten Bestandteile um es mit großem handwerklichen Geschick und reifer Instrumentationskunst zu neuen Formen zusammenzusetzen. Es entsteht dabei nichts, was den konkreten Ausgangspunkt greifbar wiedererkennen ließe, aber etwas, das dennoch auf frappierende Weise „funktioniert“.

Dass die Symphonie innerhalb der einzelnen Sätze bereits von formaler Geschlossenheit bestimmt ist, erstaunt, während man die Tatsache, dass eine satzübergreifende Binnenstruktur noch fehlt, bei einem derart komplexen, aber dennoch künstlerisch frühen Werk durchaus nachsieht. Ebenfalls schwer auszumachen ist bislang so etwas wie ein Personalstil des Komponisten Greenberg, ein individueller Ausdruck, der über den Reiz des Spiels mit dem Material und den diesem innewohnenden Möglichkeiten hinausginge.

Die Symphonie ist aber in jedem Fall hörenswert und steckt voller Überraschungen, ja, sie erweist sich vielfach als origineller und unbekümmerter als manches, was der avantgardistische Musikbetrieb in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Allein der Kontrast zwischen dem von einem seriellen Ansatz her gedachten, gleichwohl zutiefst impressionistischen dritten Satz zu dem auch den Einsatz filmmusikalischer Mittel nicht scheuenden Schlusssatz ist äußerst reizvoll. Dieser macht mit seinem unheimlichen Vorwärtsdrängen ohnehin den meisten Effekt, wenngleich Greenbergs künstlerische Gestaltungskraft in den ambitionierten ersten beiden Sätzen stärker zum Tragen kommt.

Mit höchstem Ernst setzt sich in der Interpretation der selbst schon in jungem Alter komponierend in Erscheinung getretene José Serebrier am Pult des London Symphony Orchestra für Greenbergs Werk ein. Er bringt, unterstützt von einer perfekten Aufnahmetechnik in den legendären Abbey Road Studios, die Instrumentalfarben und Klangeffekte zum Leuchten, legt dabei aber viel Wert darauf, die Struktur perfekt durchhörbar zu machen.

Die Probe aufs Exempel bei einem derart zum Wunderkind stilisierten jungen Komponisten wie Greenberg, den Sony Classical bereits jetzt unter Exklusiv-Vertrag genommen hat, ist am einfachsten auf dem Gebiet der Kammermusik zu machen. Komponist und Label stellen sich dieser Probe und haben dem Debütalbum die Einspielung von Greenbergs Streichquintett beigegeben. Wer bei der Symphonie noch im Zweifel gewesen sein sollte, wird hier die Überzeugung gewinnen müssen, dass man es bei Greenberg zumindest mit einem absoluten Ausnahmetalent zu tun hat.

Das renommierte Juilliard String Quartet präsentiert, verstärkt durch Darrett Adkins als zweiten Cellisten, ein vielgestaltiges, reizvolles Stück. Nachdem im Eingangssatz das melodische Material in Wellenbewegungen zergliedert wird, verbleibt das Scherzando spannungsreich in einem fortgesetzten harmonischen Schwebezustand. Der Schlusssatz erreicht fast orchestrale Komplexität: Alle Ausführenden agieren nahezu gleichberechtigt. In den zugehörigen Dschungel aus rhythmischen Verschiebungen, Überlagerungen und Kontrasten schlägt Greenberg nur schmale Schneisen, die aber genügen, um das Interesse des Hörers an der musikalischen Entwicklung wachzuhalten. Der Einsatz zweier Celli gibt dem Werk insgesamt einen düster-verschatteten und geheimnisvollen Charakter.

Von Jay Greenberg wird man nach diesem Debütalbum noch viel erwarten dürfen, sofern ihm Management und Publikum die Zeit geben, die eine künstlerische Entwicklung nun einmal braucht.
Bereits jetzt aber bietet diese CD eine spannende, aufschlussreiche Hörerfahrung.



Sven Kerkhoff

Trackliste

Symphonie Nr. 5
1 Allegro Molto 10:04
2 Scherzo: Vivace assai 06:14
3 Fantasia: Lento 11:13
4 Finale: Allegro con brio 06:31


Streichquintett
5 Adagio misterioso 08:15
6 Scherzando e animato 05:10
7 Prestissimo 05:15

Besetzung

London Symphony Orchestra
Ltg. José Serebrier

Juilliard String Quartet:
Joel Smirnoff, Violine
Ronald Copes, Violine
Samuel Rhodes, Bratsche
Joel Krosnick, Cello
und:
Darrett Adkins, Cello
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
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