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Moses und Aaron
Info
Musikrichtung:
Oper 20. Jh.
VÖ: 24.07.2006 Naxos / Naxos 2 CD (AD DDD live 2003) / Best. Nr. 8.660158-59 Gesamtspielzeit: 112:14 |
DIE (OHN)MACHT DER WORTE
Die vor allem wegen ihrer Inszenierung vielgepriesene Stuttgarter Aufführung von Arnold Schönbergs 1928-1932 komponiertem Opernfragment Moses und Aaron liegt jetzt bei Naxos als Musik-Mitschnitt vor.
Sieht man von den Nebengeräuschen und einem etwas unruhigen Klangbild ab, so bekommt man hier eine gelungene Einspielung des schwierigen und komplexen Werks. Von dem Etikett „12-Ton-Musik“ lasse man sich bitte nicht abschrecken: Die dissonanzgesättigten Klänge sind zwar sperrig und verweigern sich jedem operntypischen „Schöngesang“. Sie sind aber nicht unverständlich und abstrakt, sondern ergeben eine atmosphärisch dichte, vielgestaltige Musik, bei der vor allem die großen Ensembles durch ihre expressive und zugleich bedrohliche Kraft beeindrucken.
Dem zunächst wenig bühnentauglichen Thema der Oper ist die von Schönberg ersonnene Kompositionstechnik nicht unangemessen. Der Komponist hat aus Moses und Aaron, den Gründervätern Israels, die Vertreter zweier gänzlich konträrer Religionsvorstellungen gemacht: Moses wird zum Propheten einer rein geistigen, bildlosen Gottesvorstellung, die in den abstrakten Gebotstafeln Gestalt gewinnt. Aaron steht für einen fasslicheren, „welthafteren“ Gott, der nicht in unerreichbarer Jenseitigkeit existiert, sondern auch in einem Kultbild - dem berühmt-berüchtigten „Goldenen Kalb“ - zugänglich wird. Anders als in der Bibel ist das Thema der Oper also nicht der gefährliche Rückfall in den heidnischen Götzendienst, sondern Moses und Aaron repräsentieren zwei gegensätzliche Weisen, den einen und einzigen Gott Israels zu vermitteln.
Das klingt sehr religionsphilosophisch und ist es auch. Musikalisch charakterisiert der Komponist den asketisch-strengen Moses durch eine Art Sprechgesang, während Aaron sich in einem leidenschaftlichen Arioso äußert. Ursprünglich hatte der Komponist geplant, die beiden widersprüchlichen Positionen in einem dritten Akt auch musikalisch zu versöhnen, was nicht gelang - das Werk blieb trotz des weit gediehenen Librettos unvollendet, wirkt aber in der vorliegenden Fassung geschlossen. Die dramaturgische Spannung bekommt es wesentlich durch eine dritte Partei: das Volk Israel, das hier als leicht erreg- und verführbare Masse gezeichnet ist und dessen Auftritten die Oper ihre stärksten, musikalisch auch ekstatischen und gewalttätigsten Momente verdankt. Gerade dieser Aspekt wirkt an dem Werk aktueller denn je.
Zu loben an der vorliegenden Produktion aus dem Jahre 2003 ist vor allem das unter Roland Kluttig transparent und prononciert spielende Stuttgarter Opernorchester, was für ein Maximum an Zugänglichkeit sorgt. Der vorbildlich wortverständliche Moses von Wolfgang Schöne hat in Chris Merritt trotz des deutlichen Vibratos und der nicht immer sauberen deutschen Aussprache einen passenden Gegenpart. Die Chöre der Stuttgarten Staatsoper und des Polnischen Radios singen engagiert, sind aber schlecht verständlich. Die Macht der Worte setzt sich in den größeren Ensembles nicht ausreichend durch. Leider fehlt beim Beiheft aus Kostengründen das Libretto.
Georg Henkel
Besetzung
Chris Merritt: Aaron
Orchester, Opern- und Kinder-Chor der Staatsoper Stuttgart
Polnischer Radio-Chor, Krakau
Ltg. Roland Kluttig
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |