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The Dream of Gerontius
Info
Musikrichtung:
Spätromantik
VÖ: 01.09.2006 LSO / Note 1 (2 SACD hybrid (AD: 2005, live) / Best.nr. LSO 0583) Gesamtspielzeit: 92:29 Internet: London Symphony Orchestra |
DIE LETZTEN DINGE
Neben den Enigma-Variationen gelang Edward Elgar (1857-1934) der Durchbruch als Komponist insbesondere mit seinem Oratorium "Der Traum des Gerontius", das er auf einen Text Kardinal Newmans schrieb und welches im Jahre 1900 uraufgeführt wurde. Wenngleich es an die große britische Oratorientradition anknüpft, ist das ausladende Werk musikalisch doch eher dem kontinentaleuropäischen Stil verbunden und greift auf die Vorbilder Liszts und Wagners zurück.
In diesem Sinne handelt es sich um eine Art geistliches Musikdrama, das allerdings wegen des viktorianisch-frömmlerischen Textes heute nicht mehr durchweg zu geniessen ist, und das an vielen Stellen durch ein hohes Maß an Pathos geprägt ist. Nichtsdestotrotz enthält es Passagen von großer dramatischer Durchschlagskraft und Suggestivität. Elgar setzt sich dabei durchaus tiefschürfend mit den letzten Dingen auseinandner, wenn er uns im Oratorium den sterbenden, den Himmel um Hilfe anflehenden Gerontius vorstellt, dessen Seele nach einem furios gestalteten Moment der Gottesschau zunächst noch im Fegefeuer geläutert werden muss.
Die sängerische Hauptlast ruht dabei, neben dem Chor, auf den Schultern des Tenors, der Gerontius bzw. dessen Seele zu verkörpern hat. Hier fiel im Dezember vergangenen Jahres dem Briten David Rendall die schwierige Aufgabe zu, in dieser Partie kurzfristig für den eigentlich vorgesehenen Ben Heppner einspringen zu müssen. Die damit verbundene Anstrengung und Nervosität hört man seiner Stimmführung leider an. Sie ist v.a. am Anfang durch eine flackernde Tongebung geprägt, die mit dem zutreffend opernhaften Grundansatz kaum in Einklang zu bringen ist.
Anne Sofie von Otter steigt ebenfalls angespannt in die Partie ein, die sie im weiteren Verlauf zwar differenziert, aber überdramatisch und mit reichlich Vibrato in der Stimme gestaltet.
Alastair Miles als Priester und Engel des Todes gefällt hingegen mit kraftvollem, sprechenden Ton.
Herausragend agiert das Orchester, das unter Leitung von Sir Colin Davis großflächige Klanglandschaften mit überzeugender Staffelung produziert. Der kompakte, satte Streichersound stünde in dieser Art auch so mancher Wagner-Aufführung gut zu Gesicht. Gemeinsam mit dem bestens disponierten, klar artikulierendem Chor gelingen so nicht nur, aber ganz besonders die grellen Effekte des zweiten Teils mitreißend.
Der Live-Mitschnitt ist aufnahmetechnisch von höchster Perfektion und absolut makellos. Die notwendigen räumlichen Klangwirkungen kommen voll zur Geltung.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Anne Sofie von Otter, Mezzosopran
Alastair Miles, Bass
London Symphony Orchestra
London Symphony Chorus
Ltg. Sir Colin Davis
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |