Reviews

Pink Floyd

Pulse (DVD)

Info Musikrichtung: Prog VÖ: 07.06.2006 (EMI) Gesamtspielzeit: 240:00

Endlich ist sie schon da. Seit Monaten angekündigt, immer wieder verschoben, rauschte sie dann Anfang des Sommers viel früher, als zu diesem Zeitpunkt angekündigt, in die Regale der Plattenläden und von dort aus programmgemäß auf den ersten Platz der Verkaufscharts. Was ist nun wirklich dran an dem Teil?

Musikalisch bietet es wenig Überraschungen. Immerhin ist die dazugehörige CD seit über 10 Jahren auf dem Markt. Gezeigt wird das 1994er Konzert im Londoner Earls Court. CD 2 und DVD 2 bringen exakt denselben Ablauf. Auf der ersten DVD wurden ”Astronomy Domine”, “What do you want from me”, “Hey you” und ”A great Day for Freedom” gegen ”Take it back” und ”One of these Days” ausgetauscht.

Die Live-Performance ist eher statisch. Wenn es einmal emotional aus David Gilmour heraus bricht, dann verzieht er maximal das Gesicht zu einem seligen, fast verklärten Lächeln - so bei “Another Brick in the Wall“ und “Wish you were here“. Mason und Wright sind da nicht wesentlich beweglicher. Echt britisch das. So bleibt es Bassmann Guy Pratt und vor allem Zusatz-Drummer und -Percussionist Garry Wallis überlassen, zumindest etwas Rockshow auf die Bühne zu bringen.

Aber was die Menschen auf der Bühne machen, war bei diesem Konzert sowieso sekundär. Das was über der Bühne geschah, macht aus einem Konzert ein optisch-akustisches Gesamtkunstwerk.
Was Storm Thorgerson hier an Licht-Design geleistet hat, sprengt sämtliche Dimensionen. Was von der Bühne herüber kommt, lässt jeden Physiker verzweifeln. Da müht man sich seit Jahrzehnten ab und weiß immer noch nicht, was Licht eigentlich ist - eine Welle?; ein Quantum?; ein sonst was?
Und dann kommt Thorgerson und gießt Lichtkaskaden über der Bühne aus, lässt sie in Publikum fließen, dass eigentlich gar keine Frage mehr besteht: Licht ist eine Flüssigkeit, ein Gas, eine lebendes Etwas, das dich anspringt; Einen Moment lang etwas Kleines, kaum Sichtbares, in die Ecke Gekauertes; und dann sofort wieder ein Gigant, der das ganze Universum ausfüllt, der dich von allen Seiten einhüllt, dich davon trägt, aus der Zeit heraus in andere Dimensionen. GRANDIOS!!!
Man sollte einen Nobelpreis für Lightshows einführen. UNGLAUBLICH!!!

Wie die Filme, die zu verschiedenen Titeln auf der altbekannten runden Leinwand gezeigt wurden, während des Konzerts gewirkt haben, wage ich nicht zu beurteilen. Auf der DVD bin ich hin und her gerissen, da die Kamera zwischen Filmsequenzen, Total-Shots und Close ups z.B. auf Gilmours Finger wechselt. Das stellt eine der größten Schwächen der DVD dar. So kann man nichts von allem wirklich mitverfolgen. Gut, dass die Filme allesamt noch einmal mit entsprechender Musikbegleitung als Teil des reichlichen Bonus-Materials mitgeliefert werden.

Überhaupt das Bonus-Material:
1) Sämtliche Videofilme des Konzerts
2) Alternativfassungen zu den Dark Side of the Moon-Filmen
3) Musikvideos zu “Learning to fly“ und “Take it back“
4) Detailfotos zum Coverartwork diverser Pink Floyd-Cover
5) eine Fotogallerie
6) der übliche Tourneefilm mit Backstage-Impressionen etc
7) eine “Wish you were here”-Aufnahme mit Billy Corgan
8) Konstruktionszeichnungen zur Bühne
9) Landkarten mit allen Orten der Tournee 1994
10) TV-Werbe-Clip zur Pulse-CD

11) und als besonderes Leckerli “Bootlegging the Bootleggers”
a) What do you want from me?
b) On the Turning away
c) Poles apart
d) Maroon

Diese letzten vier Stücke wurden in London nicht gespielt und daher auch nicht mitgeschnitten. Die hier gezeigten Filme wurden aus Material zusammengestellt, das die Security bei anderen Stücken konfisziert hat, als Besucher illegale Mitschnitte zu machen versuchten.

Insgesamt ein extrem fettes Paket. Sehr nett finde ich die Idee, im Booklet einen Wegweiser durch das auf den DVDs vorhandene Bonus-Material mit an die Hand zu geben.
Völlig inakzeptabel ist dafür das Fehlen von Untertiteln - selbst bei den Tourimpressionen. Bei einer derartig aufwendigen Box ist das gegenüber nicht-englischsprachigen Fans nicht entschuldbar.

Norbert von Fransecky