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Le Cantate Italiane di Handel I (Le Cantate per il Cardinal Pamphili)
Info
Musikrichtung:
Barock Kantate
VÖ: 01.08.2006 Glossa / Note 1 SACD hybrid (AD 2005) / Best. Nr. GCD 921521 Gesamtspielzeit: 66:14 Internet: La Risonanza |
AUS HÄNDELS LEHRJAHREN
Rund hundert Kantaten hat G. F. Händel während seines Italienaufenthalts Anfang des 18. Jahrhundert komponiert. Sie entstanden meist für jene prominenten adeligen oder kirchlichen Würdenträger, in deren Häusern der junge Sachse zu Gast war. Oft genug fungierten seine Mäzene auch gleich als Librettisten dieser nur in Manuskriptform überlieferten Miniopern, auf die Händel, dieser Meister der Selbst- und Fremdzitate, in späterer Zeit noch häufig zurückgreifen sollte.
La Risonanza stellt nun den ersten Teil einer Gesamteinspielung der Kantaten für basso continuo und obligate Instrumente vor. Für die ursprünglich einem Kastraten zugedachten Vokalpartien wurde Roberta Invernizzi gewonnen. Mit ihrem schimmernden und höchst agilen Sopran meistert sie die horrenden virtuosen Anforderungen mit Bravour, auch wenn ihr Volumen und Ambitus an Ausdrucksmöglichkeiten im Vergleich mit Magdalena Kozenas Mezzosopran (DG Archiv) kleiner ist. Manchmal habe ich dunklen, gleichsam psychologischeren Farben und die theatralischere Gestaltung Kozenas vermisst.
Dennoch: Befürchtungen, dass ihre Stimme bei der ersten Kantate Tra le fiamme im Verhältnis zum kleinen, aber überraschend voluminös und dunkel tönenden Instrumentalensemble untergewichtig wirken könnten, zerstreuen sich rasch. Auch die zweite große Kantate Delirio amoroso gerät zu einem Glanzstück der Produktion. Nicht nur das unter der Leitung des Cembalisten Fabio Bonizzoni ungemein farbig und beredt aufspielende Instrumentalensemble erfreut hier (wieder) durch sein bis in die Einzelheiten durchdachtes Musizieren. Auch Invernizzi weiß mit überlegter Gestaltung, stupender Geläufigkeit und einem perfekten messa di voce ihre Partie hinreißend strahlen und funkeln zu lassen. Die deklamatorische Dramatik der Arie Per te lasciai la luce und des nachfolgenden Rezitativs bekommt das erforderliche vokale Gewicht, zumal Invernizzi hier nach der Eröffnungsarie von Tra le fiamme erneut zeigt, dass sie nicht allein zu engelhaft entrückten, sondern auch zu galligen und kunstvoll gebrochenen Tönen fähig ist. Nicht weniger Sorgfalt lassen sämtliche Ausführungen den beiden kleiner dimensionierten Kantaten angedeihen, die sich als nicht minder meisterhafte Miniaturen entpuppen.
Dieses intelligent konzipierte und begeisternd vorgebrachte Plädoyer für den frühen, nach wie vor immer noch etwas unbekannten italienischen Händel macht große Lust auf die weiteren Fortsetzungen. Lediglich bei den den deutschen Übersetzungen der Libretti kann noch einiges verbessert werden. Sie sind in nahezu allen Fällen kaum verständlich, ja mitunter sogar sinnfrei.
Georg Henkel
Trackliste
08-11 Pensieri notturni di filli HWV 134
12-22 Il delirio amoroso HWV 90
23-28 Figlio d’alte speranze HWV 113
Besetzung
La Risonanza:
Isabel Lehmann, Blockföte
Emiliano Rodolfi, Oboe und Blockflöte
David Plantier – Olivia Centurioni – Elena Telò, Violine
Gianni De Rosa, Viola
Caterina Dell’Agnello, Cello und Gambe
Rebecca Ferri, Cello
Vanni Moretto, Kontrabass
Fabio Bonizzoni, Ltg. und Cembalo
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |