Reviews
Kantaten
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 15.05.2006 Capriccio / Delta Music (CD m. Bonus-DVD (AD: 2004/2005) / Best.nr. 67 173) Gesamtspielzeit: 66:22 Internet: Max Emanuel Cencic Delta |
SCARLATTI ZUM ZWEITEN
Schon 2003 machte der Countertenor Max Emanuel Cencic mit einer Scarlatti-CD auf sich aufmerksam ("Cantate d´Amore", Capriccio). Nun also der Versuch, an diesen beachtlichen Erfolg anzuknüpfen. Es mag hier die Annahme eine Rolle gespielt haben, so künstlerisch auf Sicherheit zu setzen. Die Kalkulation geht indes nicht auf: Diese zweite Scarlatti-Produktion erweist sich als die um Längen schwächere. Man würde der CD zwar nicht gerecht, wollte man verschwiegen, dass Cencic auch hier immer wieder Passagen voll stimmlicher Schönheit und dramatischer Kraft gelingen. Die Unebenheiten im Übrigen aber machen dies nur leider allzu oft vergessen.
Die Kantate "Con qual cor mi chiedi pace?" eröffnet der Counter mit einer recht blassen Fluch- und Rache-Arie. In der Schlussarie zeigt Cencic sich dann bei den Koloraturen überfordert. Der Kraftaufwand für die Tongebung ist zu hoch, allzu oft muss nachgeatmet werden. Die Töne werden teils unschön hervorgestoßen und aufgrund der kehligen, glanzlosen Stimmfarbe gerät so einiges eher unfreiwillig komisch.
Dieses auf merkwürdige Weise bereits alt wirkende Timbre steht Cencic auch in der Kantate "Fille, già più non parlo" im Wege, die mit ihren empfindsamen Lyrismen bei der Arie "Allor ti pentirai" nach einem schwebenden Ton von berückender Süße verlangt, der sich hier auch nicht ansatzweise einstellen will. Stattdessen gibt es bei vibratoreichem Vortrag so manche Unsauberkeit zu hören. Beim dramatischen Abschluss "Sol ti rammenta" wirft Cencic hingegen theatralisches Geschick in die Waagschale, geht bis an die Grenze der Hysterie und bringt in Erinnerung, für welches emotionale Feuer im Vortrag er so oft gerühmt wurde.
Hieran knüpft er auch mit "So che dall´alma" aus der dritten Kantate ("Qual pensier") noch einmal an, die insgesamt aufgrund der gestalterischen Intensität als die stärkste gelten darf.
In "No, non fuggire, o Nice" erweist Cencics Stimme, in der Tiefe weiterhin ausdrucksstark, sich v.a. in der Mittellage als zu matt und in den Spitzentönen zu schrill.
Die kammermusikalische Begleitung der Kantaten geschieht höchst engagiert. Aline Zylberajch bietet auf dem Hammerflügel mit drei Sonaten angenehm kontrastierende Ruhepunkte.
Die DVD enthält neben den "Videoclips" zu "Qual pensier" und "Ti ricorda" auch ein höchst aufschlussreiches Portrait des Sängers und seiner Karrierestationen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4 Sonate K 277
5-8 Fille, già più non parlo
9 Sonate K 215
10-13 Qual pensier, quale ardire
14 Sonate K 77
15-18 No, non fuggire
19-21 Ti ricorda, o bella Irene
Besetzung
Aline Zylberajch, Hammerflügel
Maya Amrein, Violoncello
Yasunori Iamamura, Theorbe/Barockgitarre
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |