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Gitarren-Musik I (Royal Winter Music u. a.)
Info
Musikrichtung:
Neue Musik Gitarre
VÖ: 27.03.2006 Naxos / Naxos CD (AD DDD 2003) / Best. Nr. 8.557344 Gesamtspielzeit: 59:43 |
SCHWEBEND
Eine unangestrengte Verbindung von tonaler und atonaler Musik kennzeichnet Hans Werner Henzes 1978/79 komponierte „Zweite Sonate über Charaktere von Shakespeare“ für Gitarre , die bekannt ist unter dem Titel Royal Winter Music. Wie leichthin improvisiert klingen die drei Sätze, deren Ausdruck sich zwischen Lakonie und Melancholie, zwischen Traumverlorenheit und dionysischer Wildheit bewegt. Figuren aus „Die Zwölfte Nacht“, „Ein Sommernachtstraum“ oder „Macbeth“ haben Henze zu diesen Charakterbildern inspiriert. Es handelt sich nicht um illustrative Programmusik, sondern eher um die Darstellung von Seelenlandschaften.
Fanz Halász meistert die sehr schwierigen, mit spieltechnischen Neuerungen gespickten Stücke, die bei ihm ganz unangestrengt, geradezu spielerisch klingen. Kaum einmal hört man bei Halász Nebengeräusche von der linken Hand.
Rund 20 Jahre älter sind drei ebenfalls solistische Tentos, die wegen ihrer keineswegs biederen Eingängigkeit längst zu den Standardwerken neuerer Gitarrenliteratur zählen. Bei den Drei Fragmenten nach Höderlin von 1958 begleitet Halász den geschmeidigen, in der Höhe ätherischen Tenor von Colin Blazer. Auch hier besticht Henzes Fähigkeit, die oft sperrigen Kunstgriffe der Neuen Musik einem Ideal der Sanglichkeit zu verbinden. Wie Henze seinen musikalischen Instinkten folgt, ohne sich weder in angestrengt avantgardistischen Spiegelfechtereien noch in gefälligen Retrostilen zu verlieren, zeigen die von der Romantik geprägten Selbst und Zwiegespräche für ein gemischtes Kammerensemble mit Gitarre. Auf dieser romantischen Linie liegen auch die Neuen Volkslieder und Hirtengesänge (1983/96), die Bauernlieder aus der Steiermark zum Ausgangspunkt nehmen. Die Besetzung mit Fagott, Gitarre und Streichtrio verschmilzt die Klangwelten der Volksmusik und Kunstmusik. Manche Passage erinnert an die Neue Musik der 1920er Jahre.
Diese häufig geradezu schwebenden Musiken wurden von der Tontechnik präzise, mit makelloser Balance eingefangen.
Georg Henkel
Trackliste
04-06 Drei Fragmente nach Hölderlin (1958) 10:23
07-09 Drei Tentos (1958) 05:23
10 Selbst- und Zwiegespräche (1984/85) 12:22
11-17 Neue Volkslieder und Hirtensänge (1983/96) 12:42
Besetzung
Colin Balzer: Tenor
Débora Halász: Klavier
Gottfried Schneider: Violine
Sophia Reuter: Viola
Sebstastian Hess: Cello
Karsten Nagel: Fagott
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |