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Deutsche Messe
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 01.03.2006 Carus Verlag / Note 1 (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 83.354) Gesamtspielzeit: 71:38 Internet: Carus Verlag Wiener Kammerchor |
ERBAUUNG
Zur Erbauung der Gläubigen verfügte im Jahre 1782 der Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo, dass in den dortigen Pfarrkirchen der deutsche Kirchengsang einzuführen sei. Johann Michael Haydn, dem jüngere Bruder Joseph Haydns, der als Hof- und Domorganist in den Diensten des Bischofs stand, fiel die Aufgabe zu, dieses Vorhaben musikalisch umzusetzen. Mit welch nachhaltiger Wirkung das geschah, mag man daran erkennen, dass der österreichische Teil des katholischen "Gotteslobs" bis heute mit den Gesängen aus Haydns "Deutscher Messe" beginnt. Sie zeichnen sich durch einen betont schlichten, volkstümlichen Tonfall und eine strophische Vertonung der Textvorlage aus Kohlbrenners "Landshuter Gesangbuch" aus. Die Orgelbegleitung ist nicht mehr, als eine unterstützend wirkende Hintergundgestaltung.
Die biedere Naivität der terzenseeligen Musik paart sich textlich mit schlichten theologischen Sentenzen und so geraten selbst Sündenschuld, Hölle und Kreuz aufreizend niedlich bis süßlich.
Der sicher agierende, etwas sopranlastige Wiener Kammerchor unterstreicht dies noch durch einen betont naiven, gleichförmigen Gesang. Das alles macht es schwer, dem Werk heute noch etwas abzugewinnen. Dass Michel Haydn durchaus Ambitionierteres zu leisten im Stande war, zeigt sich bei einigen der kleineren Kirchenwerke. So entfalten etwa das "Salve Regina" oder das "Tenebrae factae sunt" durchaus kompositorischen Reiz und Ausdrucksstärke; hier darf der Chor dann auch einmal zeigen, was er wirklich leisten kann.
Wie stark die Sogwirkung des Salzburger Kirchenmusikstils war, wird deutlich an den kleinen Stücken W.A. Mozarts. Auch er griff dabei oft zu einem stark pastoralen, liedhaften Tonfall. Hier knüpfte er zugleich an das Vorbild des Vaters an. Dies zeigt die CD geschickt durch den Einschub zweier Sätze aus Leopold Mozarts Missa brevis. Wer die frühen Messvertonungen des Sohnes kennt, merkt, wie wenig er sich zunächst von diesem Vorbild entfernte.
So wird deutlich, dass Mozart zwar stilistisch stark in der Salzburger Tradition verwurzelt war, aber sehr wohl wußte, warum er den Ort um jeden Preis verlassen und sich von diesen übermächtigen Konventionen freimachen wollte.
Mithin eine CD, die eher von musikhistorischem Interesse ist und dabei einen guten Einblick in die Salzburger Musikwelt der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gibt.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 Herr, könnt ich reden KV 549 02:25
2 Du wirst uns immer lieben KV 436 02:03
3 God is our refuge KV 20 00:59
4 O Gotteslamm KV 343,1 02:29
5 Sancta Maria, mater Dei KV 273 03:37
6 Kyrie in F KV 33 01:41
Johann Michael Haydn, Kleinere Kirchenwerke
7 Lauft ihr Hirten, allzugleich MH 217,1 01:51
8 Heiligste Nacht MH 461 02:40
9 Stern auf diesem Lebensmeere MH 686 03:09
10 Sei, Mutter der Barmherzigkeit MH 675 02:10
11 Salve Regina MH deest 03:53
12 Stelle coeli MH 306 01:34
13 O vos omnes MH 278,5 02:41
14 Tenebrae factae sunt MH 162 04:09
15 Alleluja. Confitemini Domino MH 696 02:53
16 Deinem Heiland MH deest 04:53
17 Herr, großer Gott MH 672 03:23
Leopold Mozart (aus der Missa brevis C-Dur)
18 Kyrie 01:20
19 Gloria 05:31
Johann Michael Haydn:
20-29 Deutsche Messe (Hier liegt vor Deiner Majestät) MH 560 18:17
Besetzung
Robert Kovács, Orgel
Ltg. Johannes Prinz
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00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |