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Le Jardin des Voix
Info
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 17.02.2006 Virgin Classics / EMI CD (AD DDD 2005) / Best. Nr. 3381542 Gesamtspielzeit: 77:07 |
DER GARTEN DER STIMMEN
Mit dem Projekt Le Jardin des Voix kehrt der Dirigent William Christie zu seinen Wurzeln zurück. Als langjähriger Lehrer am Pariser Konservatorium hatte er von 1982 bis 1995 die Klasse für historische Aufführungspraxis geleitete. Aus dieser Lehrtätigkeit sind zahllose Musiker/innen und Sänger/innen seines eigenen Ensembles Les Arts Florissants hervorgegangen. Dadurch war es möglich, über viele Jahre eine unverkennbare Ensemblekultur mit dem Florissant-typischen Klang aufzubauen.
Dem sängerischen Nachwuchs auch weiterhin eine exklusive Bühne und ein auf seine Fähigkeiten zugeschnittenes Programm zu bieten, ist auch das Ziel des neuen, internationalen Wettbewerbs „Der Garten der Stimmen“, den Christie 2002 ausgeschrieben hat.
Aus den über 200 Teilnehmer/innen der zweiten Runde im Jahre 2005 schafften es vier Sänger und drei Sängerinnen ins Finale. Der Preis: Eine große Tournée mit dem Ensemble Les Arts Florissants. Virgin hat das Konzert vom März 2005 in Paris mitgeschnitten. Das Programm reicht vom frühen 17. Jahrhundert bis ans Ende des 18. Jahrhundert. Neben bekannten Namen wie Purcell, Händel und Mozart gibt es Entdeckungen zu machen, wie das schwungvoll-sinnliche Ensemble aus der Oper Le catena d’Adone von Domenico Mazzocchi oder das quirlige Finale aus André Philidors Oper Tom Jones.
Musizieren ist - zumal in der Oper - kein Startheater, sonder Teamarbeit, bei dem Stimmen und Instrumente gemeinsam singen. Nicht umsonst räumt das Programm den Ensembles viel Platz ein. Hier zeigen die jungen Künstler, über deren Hintergründe das Beiheft leider nichts verrät, hinreißende Leistungen. Beim betörenden Klagegesang des reuigen Sünders in Un pecaator pentito von Luigi Rossi gelingt die Balance zwischen individuellen Stimmfarben und transparenten und harmonischem Gesamtklang ausgezeichnet (obwohl das Non-Vibrato aus Christies Ersteinspielung von 1988 einem diskreten „Beben“ der jungen Stimmen gewichen ist). Köstlich auch, wie sich die sieben beim abschließenden Septett aus Philidors Tom Jones die Bälle zuspielen.
Was überrascht, ist die Souveränität, mit der die Künstler/innen nicht nur die Techniken des „Schöngesangs“ beherrschen, sondern dessen Regeln im Dienste des Ausdrucks auch übertreten. Allerdings wirken einige stimmlichen Travestien bei Purcell und Händel sowie exaltierte Verzierungen bei Mozart etwas angestrengt (live hingegen mag das durchaus überzeugen). Einige Bühnengeräusche und kleine Unsauberkeiten sind ebenfalls der Live-Spannung und der hörbaren Musizierfreude des ganzen Ensembles geschuldet, können den sehr positiven Gesamteindruck jedoch nicht nachhaltig trüben.
Dass bei Christie spannungsvolle Sinnlichkeit oberstes Gebot ist, demonstrieren vor allem die bei aller Beweglichkeit körperlichen Sorpanstimmen von Judith Van Wanroij und Amel Brahim-Dejlloul in Arien von Charpentier und Mozart aufs Betörendste. Eine Entdeckung ist auch der substanzreiche und farbige, in den Registerübergängen bruchlos geführte Altus von Xavier Sabata. Verblüffend an das Timbre von Howard Crook aus Christies Ersteinspilung von Rameaus Pygmalion erinnert der hohe Tenor von Andrew Tortise, der die Klage des Bildhauers emphatisch aussingt.
Auch wegen des abwechslungsreichen Programms ergibt das ein rund 80minütiges Feuerwerk auf Festivalniveau. Informationen zu den Künstler erfährt man auf der Homepage des Ensembles Les Arts Florissants.
Georg Henkel
Trackliste
1 | The Indian Queen (Arien & Duette) (H. & D. Purcell) | 13:55 |
2 | La catena d'Adone (Auszüge) (Mazzocchi) | 6:11 |
3 | Arie "Un peccator pentito" (Rossi) | 5:44 |
4 | Arie "Que d'amants séparés" (Lambert) | 6:58 |
5 | Arie "Vos mépris chaque jour" (Lambert) | 3:55 |
6 | Vénus et Adonis (Vorspiel & Arie) (M.A. Charpentier) | 7:54 |
7 | Pygmalion (Arie "Fatal amour")) (Rameau) | 3:42 |
8 | Énée et Duidon (Auszüge) (Campra) | 5:06 |
9 | Radamisto (Auszüge) (Händel) | 4:07 |
10 | Amadigi (Arie "Minacciami, no ho timor") (Händel) | 8:38 |
11 | Ascanio in Alba (Arie "Al chiaror") (Mozart) | 3:31 |
12 | Zémire et Azor (Terzett "veillons, mes soeurs") (Grétry) | 3:57 |
13 | Tom Jones (Septett "C'est vous mon père") (Philidor) | 3:29 |
Besetzung
Altus: Xavier Sabata
Tenor: Andrew Tortise
Bariton: André Morsch
Bass-Bariton: Konstantion Wolff
Les Arts Florissants
Ltg. William Christie
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00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
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