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Villazón, Rolando

Opera Recital

Info Musikrichtung: Recital / Oper d. 19. Jhdt. VÖ: 17.03.2006 Virgin Classics / EMI (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 0946 344701 2 4) Gesamtspielzeit: 62:13 Internet: Rolando Villazón Virgin Classics

Ich gebe es zu: Eigentlich mag ich keine Recitals. Ich mag kein Opern-Schnipsel, keine Aneinanderreihung vermeintlicher Ohrwürmer, ich mag es nicht, wenn der Rummel um den Gesangsstar die Musik in den Hintergrund treten lässt.
Diese CD ist dabei in der Zusammenstellung des Programms nicht viel besser als andere. Schon wer ab und an das Vergnügen hat, einem Gesangswettbewerb beizuwohnen, weiß, dass er von den Tenören im Verlaufe des Wettbewerbs vermutlich dreimal "Kuda...Kuda", viermal "Ach so fromm" und achtmal die Blumenarie aus "Carmen" zu hören bekommen wird. All das bekommt man auch hier serviert. Und dennoch: Diese CD ist anders und ein Recital, das sogar ich nicht nur mag, sondern dass mich begeistert hat.

Bei Rolando Villazón bleibt trotz allem Starkult die Musik im Vordergrund. Hier gestaltet ein Meister seines Fachs jede Arie ganz so, als wäre er mit Leib und Seele in der Rolle drin, als hätte er die ganze Oper zu singen und zu spielen. Schon das einleitende Lied vom "Kleinzack" aus Hoffmann´s Erzählungen ist dafür ein Paradebeispiel. Villzón interpretiert jede Strophe in je eigener Art und mit derart viel Elan, dass man die Figur des Kleinzack sogleich lebendig vor sich zu sehen glaubt. Und so geht es gut eine Stunde lang weiter. Der Sprung zu Puccinis Cavaradossi mag weit sein, für Villazón ist es scheinbar nur ein kleiner Schritt. Und mag man Lyonel mit dem "Ach so fromm" aus Flotows Oper "Martha" in seiner augenzwinkernden Übertreibung nicht ganz ernst nehmen, so ist die Darstellung des verzweifelten Lenski aus "Eugen Onegin" gleich darauf um so intensiver und anrührender. Der "Blumearie" nimmt Villazón viel von der sonst üblichen Süßlichkeit und präsentiert uns Don José als verzweifelt, bis zum Äußersten entschlossenen Liebenden. Das komische Element scheint dem mexikanischen Tenor insgesamt ebenso zu liegen ("Kleinzack"), wie das hochdramatische (Verdi: Odi il voto) und das romantische (Flotow: Jungfrau Maria).

Diese atemberaubende Wandlungsfähigkeit und Überzeugungskraft ist es, die Villazón schon in so jungen Jahren die Spitzenstellung unter den Operntenören unserer Zeit sichert. All das baut auf ein Stimmfundament auf, das an Kraft und Präsenz nichts zu wünschen übrig läßt. Villazón weiß die Mittel angenehm uneitel wohl zu dosieren und wenn er beim Verdi auch mal zur emphatischen stimmlichen Geste ausholt, so besitzt er doch zugleich das Gespür, dass etwa die Musik Tschaikowskys derartiges nicht verträgt. Villazón vereint in idelaer Weise einen in der Grundanlage lyrischen Vortrag mit dramatischem Impetus.
Neben einer energiegeladenen, auch vom Orchester kundig begleiteten Reise quer durch die Operngeschichte des 19. Jahrhunderts bekommt man mit dieser CD den Beweis dafür geliefert, dass die hohe Schule der Tenöre zwar im Moment wenig brauchbare Gesellen, dafür aber einen echten Meister besitzt.

Sven Kerkhoff