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Beata Vergine - Marienmotetten des 17. Jhdt.
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 17.03.2006 Virgin Classics / EMI (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 00946 344711 2 1) Gesamtspielzeit: 71:31 Internet: Virgin Classics |
REINE SCHÖNHEIT
Das 17. Jahrhundert wurde im Anschluß an die Gegenreformation theologisch wie musikalisch zu einer Blütezeit der Marienverehrung. In Italien vereinte sich dabei die entsprechende Frömmigkeit mit der pulsierenden Entwicklung dieses musikalischen Zentrums in Europa. Zugleich wirkten die in der Entstehung begriffenen Formen von Oper, Kantate und Oratorium nachhaltig auf den Stil sämtlicher Vokalmusik. Daher bewegen sich auch diese Marienmotetten zwischen andachtsvoller Schlichtheit und dramatischem, affektgeladenem Ausdruck. In allen Fällen ist ihnen aber neben dem Bemühen um eine klare Textwiedergabe und trotz aller Vielfalt der Mittel eine berührende Intimität eigen, die der des persönlichen Gebets nahekommt.
Entsprechende Zurückhaltung lässt der 1978 geborene Tenor Philippe Jaroussky bei seiner Interpretation walten. Sein sinnlicher, ausdrucksstarker Gesang, die Reinheit seiner Intonation sind dabei für den Reiz dieser Aufnahme von größerer Bedeutung, als sein unbestreitbares virtuoses Können. Jarousskys Stimmfarbe ist so hell und klar, so mezzosporanartig, wie man es bei einem Countertenor nur selten antrifft. Grandis (1568-1630) wunderbar fließende, fast naiv und manchmal volkstonhaft (O quam tu pulchra es) anmutende Musik versteht er damit genaus so zum Leuchten zu bringen, wie Cavallis raffiniert-virtuose Motetten und Rigattis koloraturreiches "Regina coeli" oder Bassanis teils opernhaft anmutendes "Corda lingua". Hier braucht der Countertenor allerdings einige Takte, bis er Tritt gefasst hat. Doch bleibt dies die einzige Unsicherheit auf dem ganzen Album. Glanzstück der CD ist Sances (1600-1679) knapp 12minütiges "Stabat Mater" mit seinem Ostinato, seinen Rückungen und Verschränkungen. Jaroussky präsentiert hier die Kunst des Lamento in Vollendung, einen Klagegesang von schmerzlicher Süße.
Das Ensemble Artaserse lässt die Musik delikat ausschwingen und mit dem Sänger organisch atmen, was vor allem in den langsamen Werken einen großartigen Effekt macht (z.B. in Casatis "Sanctissima Virgo"). Schon jeder Auftakt wird mit so viel Detailversessenheit gestaltet, wie die kostbaren Initialen mittelalterlicher Buchmalerei.
Insgesamt eine CD, die einen wahlweise staunen oder andächtig werden lässt und die den verschwenderischen musikalischen Reichtum einer ganzen Epoche aufzeigt.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 | Grandi: Salve Regina (3:53) |
2 | Legrenzi: Ave Regina coelorum (3:26) |
3 | Cavalli: O quam suavis (4:36) |
4 | Rigatti: Regina coeli laetare (3:04) |
5 | Caprioli: Vulnerasti cor meum (2:57) |
6 | Frescobaldi: Ave maris stella (3:40) |
7 | Sances: Stabat Mater (11:25) |
8 | Bassani: Corda lingua in amore (10:11) |
9 | Grandi: O quam tu pulchra es (3:26) |
10 | Bassani: Sonata prima (1683) (8:10) |
11 | Grandi: O intemerata (3:09) |
12 | Mattioli: Ave Regina coelorum (2:57) |
13 | Casati: Sanctissima Virgo (3:16) |
14 | Colonna: O coeli devota (7:12) |
Besetzung
Marie-Nicole Lemieux, Alt
ENSEMBLE ARTASERSE
Daniela Nuzzoli, Violine
Daniela Beltraminelli, Violine
Christine Plubeau, Viola da gamba
Marc Wolff, Theorbe, Barockgitarre
Marco Horvat, Lirone, Theorbe
Yoko Nakamura, Orgel , Cembalo
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |