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Matthäuspassion
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 21.11.2005 Naxos / Naxos (3 CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 8.551240-42) Gesamtspielzeit: 160:55 Internet: Naxos |
BLASS
Den meditativen Aspekt in der Vordergrund zu rücken, ist die erklärte Absicht Helmut Müller-Brühls bei dieser Neueinspielung der Matthäuspassion gewesen. Doch sollte Meditation und Andacht sich nicht eher auf Seiten des Hörers vollziehen, als auf Seiten der Ausführenden? Kennen wir nicht etwa aus der Malerei höchst ausdruckstarke, dramatisch aufgeladene Kreuzigungsszenen, die ungeachtet dessen ihren Betrachtern durch Jahrhunderte hinweg immer wieder Anlaß zu Meditation gaben?
Eine Verflachung der Darstellung ist also offenkundig nicht das erforderliche oder überhaupt nur ein geeignetes Mittel, um Müller-Brühls Zwecke zu erreichen. Seine Deutung aber ist genau das: flach und über weite Strecken farblos. Dabei wählt er sogar recht zügige Tempi. Aber er lässt bei den Ausführenden keine dramatische Ausdeutung, keine agogische Rückung, keinerlei Affekt zu. So wirkt alles mechanisch und eindimensional. Statt gestalterischem Willen erlebt man ein einfallsloses Musizieren vom Blatt, streng nach dem Notentext und ohne Rücksicht auf den Geist der Musik. Insgesamt scheint es, als sei hier Meditation mit Quietismus verwechselt worden.
Dieser Irrtum setzt sich aufnahmetechnisch fort. Die verschiedenen Chöre sind nicht voneinander zu unterscheiden und so ihrer dramatischen Funktion scheinbar gewollt beraubt worden. Zudem ist das Klangbild dumpf wie das einer alten Mono-Aufnahme, die Höhen bleiben ohne jede Brillanz, Chor und Orchester sind lediglich als klanglicher Einheitsbrei wahrnehmbar.
Die künstlich aufgesetzte Zurückhaltung bis an den Rand der Gleichgültigkeit heran, bringt auch die Sänger in hörbare Schwierigkeiten. Der Sopranistin Claudia Couwnbergh geht, ebenso wie ihrer Kollegin in der Altpartie, bisweilen die Luft aus. Das fehlende Stimmvolumen macht sich in einem unangenehmen Vibrato bemerkbar. Markus Schäfer erreicht nicht durchweg das Niveau, das man von ihm gewohnt ist und Hanno Müller-Brachmann kämpft mit Artikulationsschwierigkeiten. Als Evangelist sticht Nico van der Meel mit einer auffallend hellen, manchmal dabei leider auch schneidenden Tenorstimme heraus. Hingegen agieren Raimund Nolte und Locky Chung selbst unter diesen schwierigen Bedingungen noch souverän und klangschön.
Die Leistung des Dresdner Kammerchors entzieht sich mangels Transparenz in der klanglichen Abbildung schon fast einer Beurteilung, aber auch hier erweisen sich die vom Dirigenten verordneten Fesseln als zu eng und kontraproduktiv.
Insgesamt eine enttäuschende CD, die angesichts der reichen Auswahl an qualitativ hochwertigen und dabei höchst unterschiedlichen Interpretationen schlicht überflüssig zu nennen ist.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Jesus: Raimund Nolte, Bassbariton
Petrus/Judas/Pilatus/Pontifex: Locky Chung
Sopran: Claudia Couwenbergh
Alt: Marianne Beate Kielland
Tenor: Markus Schäfer
Bass: Hanno Müller-Brachmann
Dresdner Kammerchor
Knaben des Kölner Domchores
Kölner Kammerorchester
Ltg. Helmut Müller-Brühl
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |