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Reviews

Tobias Hoffmann Jazz Orchestra

Innuendo


Info

Musikrichtung: Big Band Jazz

VÖ: 20.09.2024

(Mons Records)

Gesamtspielzeit: 77:59

Internet:

https://www.tobiashoffmannmusic.com/
https://monsrecords.de/

Das Tobias Hoffmann Jazz Orchestra hat mich vor zwei Jahren begeistern können mit der damaligen Veröffentlichung Conspiracy. Nun folgt ein weiteres Album mit Innuendo. Nach der "Verschwörung" nun eine "Anspielung, eine Andeutung"? Worauf? Nanu? Doch nicht etwa auf "Corcovado (Quiet Nights Of Quiet Stars)" von João Gilberto und Stan Getz? Denn genau dieses Thema meine ich zu vernehmen ab etwa Minute 4:22. Das wird zufällig geschehen sein, denn das Album enthält durchgehend keine Passagen in Richtung dieser Musik, des Latin Jazz.

Ich hatte mir vorgenommen, Innuendo unbeachtet von der Musik auf "Conspiracy" auf mich wirken zu lassen, in etwa so, als würde ich die vorherige Veröffentlichung gar nicht kennen. Denn eigentlich trifft hinsichtlich der Ausstattung des Werkes das Gleiche auch auf die neuen acht Kompositionen zu. Grundsätzlich wird also wieder brillanter und breitflächiger Big-Band-Sound vorgestellt!

Was fällt außerhalb der Musik auf? In der Bläsersektion wurde etwas mehr Wert gelegt auf Flöten und Klarinetten, Trompeter und Flügelhornisten sind weitestgehend mit anderen Musikern besetzt, ein elektrischer Bass ist ausgespart worden, sicher dürfte das keine wesentlichen Auswirkungen beinhalten. Im bebilderten Booklet wird Stellung genommen zu den Inhalten der jeweiligen Kompositionen. So kann man nachlesen, dass der Titelsong inspiriert wurde von der englischen Rockband Queen. Man erfährt dazum dass diese Komposition ausgezeichnet wurde als "Best Composition" in der Kategorie "Original Composition - Large Ensemble" bei den "47th Downbeat Student Music Awards". Auch hierzu meine Gratulation!

Tobias Hoffmann schreibt, dass es ihm wichtig erscheine, verschiedene Kompositionen mit verschiedenen Stimmungen und Stilen zu schaffen, und er sich das auch für dieses Album vorgenommen habe. So trägt er in Verbindung mit "Summer Solstice" vor, dass er neben komplizierten Kompositionen auch solche mag, die in der Tradition des Jazz verankert seien und über den gewissen Swing verfügen. Ja, und mit diesem Song ist es ihm sicher gelungen, sehr beschwingt durchflutet die Musik den Raum und wirkt sehr lebensbejahend und gar mit etwas Fröhlichkeit ausgestattet.

Ja, die unterschiedlichen Ausprägungen, entweder in größerem Rahmen als auch in kleinerem Masse oder in Nuancen, zeigen sich eindeutig im Laufe der Spielzeit. So birgt "No Way Back" sehr viel Abwechslung und nähert sich auch das eine oder andere Mal dem Jazz Rock. "Sanctuary", Heiligtum, Zufluchtsstätte, dieser Song atmet sehr viel Emotionen, sehr viel persönliches Engagement scheint eingeflossen zu sein, ist dieser Song auch einer ganz speziellen Person im Leben des Protagonisten gewidmet. Ich spüre ein großes Mass an Warmherzigkeit und Schönheit, wenn sich die Bläsersätze ganz dicht aneinander reihen und den Raum öffnen für das einfühlsame Solo des Tenorsaxofonisten Martin Harms.

Ein wenig aus dem Rahmen fällt "Bipolarity". Ganz verspielt und mit ein wenig Abstraktion versehen erfolgt die Einleitung, und die Liebe des Komponisten zu komplizierten Kompositionen findet hier reichlich Raum für Entfaltung. Hier empfiehlt es sich, ganz genau zu lauschen, denn sonst könnte man die eine oder andere Passage verpassen, weil sich sehr viele unterschiedliche Gestaltungen aneinander reihen in sehr vielschichtigen Arrangements. Das geht halt über klassischen Jazz, gerade im Bereich Big Band, hinaus und zeigt starke avantgardistische Züge.

Als Freund von Gitarren werde ich mit "The Lake" etwas verwöhnt, ist Vilkka Wahl doch einer der Solisten. Umgesetzt werden sollte hier eine morgendliche Stimmung im Nebel am Attersee im Winter, in Österreich, inklusive empfundener Ruhe durch das Betrachtete, die Bewegung der Wellen mit ihrer Energie wirkte wohl auch inspirierend. So wünschte ich mir, dass Tobias Hoffmann einmal einen Tag an der Nordsee verbrächte, bei sehr stürmischen Wetter, ich wäre gespannt auf die daraus resultierende Komposition! Nun, um darauf zurück zu kommen, welch ein Gegensatz, wenn sich Gitarrist Wahl aus dem Nebel erhebt und ein Solo präsentiert, dass sich absolut außerhalb von Jazz positioniert, hervorragend, kraftvoll und ausdrucksstark hebt er in rockende Gefilde ab!

Mit der längsten Komposition des Albums verabschiedet sich Innuendo, hier finden sich weitere Elemente im Arrangement, das Schlagzeug wird um Electronics erweitert und anscheinend kam auch ein Synthesizer zum Einsatz, diese Komposition nimmt vielleicht in dieser Form eine weitere Entwicklung der Musik von Hoffmann voraus? Big Band-Sound auf dem Weg zu einem nächsten Level?



Wolfgang Giese

Trackliste

1 Innuendo (9:38)
2 Summer Solstice (8:09)
3 No Way Back (10:10)
4 Sanctuary (7:42)
5 Convictions (9:30)
6 Bipolarity (11:39)
7 The Lake (8:48)
8 Perseverance (12:19)

Besetzung

Tobias Hoffmann (conductor)
Florian Trübsbach (alto saxophone, soprano saxophone, flute, clarinet)
Patrick Dunst (alto saxophone, soprano saxophone, flute, clarinet)
Robert Unterköfler (tenor saxophone, soprano saxophone, flute, clarinet)
Martin Harms (tenor saxophone, bass clarinet, flute, clarinet)
Jonas Brinckmann (baritone saxophone & bass clarinet)
Maximilian Seibert, Sebastian Burneci, Florian Menzel, Gerhard Ornig, Jakob Helling (trumpets and flugelhorns)
Simon Harrer, Robert Bachner, Daniel Holzleitner, Johannes Oppel (trombones)
Vilkka Wahl (guitar)
Viola Hammer (piano, synthesizer)
Ivar Roban Krzizic (double bass)
Reinhold Schmölzer (drums, electronics)
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