Reviews
Live In Concert
Info
Musikrichtung:
Jazz Rock / Fusion
VÖ: 05.07.2024 (Repertoire Records) Gesamtspielzeit: 134:09 Internet: https://barbara-thompson.co.uk/ https://www.repertoirerecords.com/ https://www.brooke-lynn-promotion.de/ |
Barbara Thompson war bereits eine Weile als Sessionmusikerin in der britischen Musikszene unterwegs, bekannt wurde sie unter anderem durch ihre Mitwirkung im United Jazz and Rock Ensemble, und ihre eigene Band Paraphernalia gründete sie 1977. Als mittlerweile klassisches Album gilt die Live-Veröffentlichung Live In Concert. "Recorded live at the Queen's Theatre, Hornchurch, England, July 27th and 28th, 1980", so erschienen die Aufnahmen erstmals 1980 als Doppel-LP.
Am 27.Juli 2024 hätte die 1944 in Oxford geborene Musikerin ihren 80.Geburtstag gefeiert, darüber hinaus entstand ein Teil der Aufnahmen genau an ihrem damaligen Geburtstag. Die am 9. Juli 2022 Verstorbene soll nun mit dieser Veröffentlichung, jetzt auch auf CD geehrt werden. Dazu gibt es eine Bonus-CD aus vergangenen Alben, "The Flute Collection". Die Musikerin selbst hat diese Bonus-CD vor ihrem Tod zusammengestellt und versucht, eine vielseitige Sammlung bestehend aus zehn Titeln aus sieben ihrer Alben zu vereinen. Die früheste Aufnahme stammt von 1978 und die letzte aus dem August 1998. Hier kann die Protagonistin noch einmal ihr während ihres Studiums des Instruments erworbene Talent zur Schau stellen.
Auch für diese Neuveröffentlichung wurde Eroc gewonnen, um zu remastern und zur gewohnter Qualität zu führen. Anzumerken sei noch, dass eine limitierte 2-CD-DeLuxe-Veröffentlichung vorliegt, es enthält ein vollständig illustriertes 36-seitiges Booklet mit Anmerkungen der Tochter von Barbara Thompson und Jon Hiseman, der Sängerin Ana Gracey, einschließlich Erinnerungen und Einblicken von Barbaras Musikerkollegen.
Seinerzeit wurde Barbara's Ehemann, Jon Hiseman, Mitglied ihrer Band und er übernahm auch die Produktion. Bereits in frühen Jahren entwickelte die Protagonistin ihren eigenen Stil, inspiriert sicher auch durch John Coltrane, doch weitere Einflüsse werden auch die Zusammenarbeit mit Colosseum gewesen sein, so dass sich eine Mischung aus Jazz, Jazz Rock und Fusion entwickelte. Wie ich an anderer Stelle anmerkte, war sie auch maßgeblich daran beteiligt, als Nachfolgerin von Dick Heckstall-Smith bei Colosseum einen weicheren und jazzigeren Sound eingebracht zu haben.
Genau das belegt sie auch mit diesen Aufnahmen im Quartett-Format, und nicht nur einmal stehen swingende Passagen im Vordergrund, herrlich ausgeprägt zum Beispiel bei "From Nowhere", wo sie gelegentlich losliess und sich in Richtung freie Gefilde aufmachten hier per Saxofon. Doch mit dem fröhlichen "Summer Madness", dem Songtitel durchaus gerecht werdend, wird Flöte gespielt, und bereits hier, und das fiel mir vorher bereits öfter auf, hatte und habe ich den Eindruck, dass die Protagonistin mit ihrem Flötenspiel einen größeren Eindruck auf mich hinterliess.
Colin Dudman als Keyboarder spielt sehr virtuos, Bill Katz schnurrt mit seinem bundlosen Bass elegant und recht prägnant durch die Fusion-Landschaft, und - klar, Hiseman ist der rhythmische Gestalter par excellence! Dieser Jazz Rock orientiert sich stark an der Jazz-Lehre und bildet somit eine brillante Vorstellung zwischen Jazz und Rock, mithin eine sehr individuelle Gestaltung des Genres mit individueller Sprache. Die Gruppendynamik ist perfekt und man fühlt sich mitgenommen zu diesem Live-Ereignis, auch zu Hause.
Neben direkt abgehenden Songs gibt es auch den "Frilly Bolero", hier werden sich entwickelnde Soundlandschaften in den Fokus gestellt. Der "Blues For Adolphe Sax" widmet sich dem Blues-Idiom mit beeindruckender Emotion und gutem Blues-Feeling. Mit "Aliyah" wird das mit 18:17 längste Stück vorgestellt. Ich kenne das aus einem Konzert, bei dem auch der Komponist, Keyboarder Peter Lemer, mitspielte, und es hat mit einer Reise nach Israel zu tun, übersetzt heisst der Song "On Your Way To The Homeland", wie Barbara es ansagt. Und hier gibt es dann auch das Schlagzeugsolo von Hiseman, etwa ab Minute Acht, zunächst noch vom Bass begleitet, bis Jon dann ab 11:55 solo abhebt. Und wer eines seiner Soli jemals live miterlebt hat, wird sich dieses Staunen anhand einer Live-Vorstellung wieder gut zurück holen können, ein brillanter Drummer!
Die Flöten-Kompilation der zweiten CD speist sich aus Aufnahmen folgender Platten: "Pure Fantasy", "Mother Earth", "Breathless", "Shifting Sands", "Barbara Thompson's Paraphernalia", "Heavenly Bodies", "A Cry From The Heart - Live In London". Eingespielt mit unterschiedlichen Musikern, unter anderem hören wir auch die Gitarristen Malcolm McFarlane und Paul Dunne oder unter anderem die Violinisten Anthony Oldridge, Rod Dorothy und Billy Thompson, bekommen wir einen repräsentativen Querschnitt geboten, und wie ich oben bereits erwähnte, packt mich die Flötistin Barbara Thompson mehr als die Saxofonistin und ihre persönliche Auswahl ist sehr beeindruckend und besonders heben sich für mich die Songs mit den Violinisten hervor, ganz hervorragend und mitreissend ist "Castles In The Air", dass neben Jazz und Jazz Rock noch ein wenig Folk und Mittelalter hineinbringt, hier erinnert es mich dann an jene Zusammenarbeit mit Andrew Lloyd Webber auf dem Album "Variations".
Ein wenig aus dem Rahmen fällt der leicht holprige "Bad Blues" und das leicht orientalisch angehauchte "Head In The Sand" weist auch seine Eigenheiten auf. "Goodtyme Mr. Sam" wird auch durch ein kraftvolles Drumsolo eröffnet, hier ist es jedoch Harold Fisher. Wiederum ganz anders bietet sich "Tibetan Sunrise" an, mit kleiner Orchesterbegleitung ist es ganz besonders gestaltet worden, es klingt fast wie eine Filmmusik, könnte auch zu James Bond passen, dieses Album, "Heavenly Bodies", wird mit dem Abschlusstitel, "Elysian Fields", noch einmal bemüht und wird hier vom Sound der E-Gitarre von Paul Dunne nicht unwesentlich mitbestimmt.
Trackliste
1 Summer Madness (6:48)
2 Frilly Bolero (10:33)
3 From Nowhere (9:07)
4 Scrummage (8:28)
5 Little Annie-Ooh (6:29)
6 Blues For Adolphe Sax (8:55)
7 Sunset (5:54)
8 Aliyah (18:17)
Disc 2:
1 Fields Of Flowers (4:48)
2 Castles In The Air (6:50)
3 Bad Blues (3:32)
4 Head In The Sand (7:17)
5 Goodtyme Mr. Sam (3:49)
6 Tibetan Sunrise (4:52)
7 Eastern Western Promise [Part 1] (10:01)
8 Eastern Western Promise [Part 2] (9:20)
9 La Tranquillité D'Ame (6:01)
10 Elysian Fields (3:08)
Besetzung
Colin Dudman (keyboards, synthesizer)
Bill Katz (fretless bass guitar)
Jon Hiseman (drums, percussion)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |