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Reviews

Omnium Gatherum

Origin


Info

Musikrichtung: Melodic Death Metal

VÖ: 05.11.2021

(Century Media / Sony)

Gesamtspielzeit: 54:35

Internet:

http://www.omniumgatherum.org
http://www.centurymedia.com

Omnium Gatherum zählen zu den (vielen) Bands, die der Rezensent irgendwann mal aus den Augen verloren hat. Years In Waste, der Zweitling aus dem Jahr 2004, war das bisher aktuellste Album der Finnen, das sich hier im Player drehte. Nun kommt Origin daher, und der Rezensent stellt bei einem Blick in die gängigen Online-Nachschlagewerke fest, dass es sich bereits um das neunte Album der Truppe handelt. Was auf den sechs zwischenzeitlich erschienenen Alben zu hören ist, entzieht sich also der Beurteilung ebenso wie die Frage, in welchen Schritten die Weiterentwicklung bzw. Verfeinerung des Sounds der Kompositionen von Chefdenker Markus Vanhala stattgefunden hat. Einen Stil, den man als melodischen Death Metal einsortieren könnte, hatten Omnium Gatherum bereits auf ihren beiden Erstlingen fabriziert, allerdings weniger an die Göteborg-Schweden angelehnt (ausgenommen vielleicht Crystal Age), sondern mit dem gewissen finnischen Lokalkolorit, das auch Landsleute wie Throne Of Chaos, Children Of Bodom oder Moonsorrow auf ihre jeweils eigene Art pflegten.
Im Gegensatz zu Moonsorrow verzichteten Omnium Gatherum aber auf direkte Übernahmen von Folkelementen, und das tun sie auch auf Origin noch. Markanteste Änderung im Vergleich zu den Frühwerken ist aber eine Reduzierung der deathigen Elemente, so dass man in der Stilbeschreibung das Wort „Death“ fast in Klammern zu setzen geneigt wäre. Den einzigen markanten Death-Knochen im Omnium-Gatherum-Skelett stellt Jukka Pelkonens Gesang dar, wobei der Mann ein Neuzugang der vom Rezensenten noch nicht aktiv erlebten Zeit ist, aber trotzdem Vorbilder zu Rate zieht, die relativ weit in die Vergangenheit zurückreichen. Auffällig ist dabei, dass er nicht kreischt wie viele Kollegen im Melodeath, sondern ein sehr tiefes Shouting an den Tag legt, aber wiederum nicht in die Tiefen diverser Kollegen im traditionellen Death Metal hinabsteigt. Zwei Vorbilder müssen benannt werden, wobei dem Rezensenten der Name des einen, an den Pelkonens Stimmfarbe frappierend erinnert, noch nicht eingefallen ist. Der andere ist George Oosthoek, der in den Neunzigern bei Orphanage am Mikrofon stand, aber stilistisch noch ein wenig anders zu Werke ging.
Mit dem Gothic Metal der Niederländer haben Omnium Gatherum wiederum nichts zu tun. Zwar meidet Drummer Atte Pesonen wildes Geprügel mit einer markanten Ausnahme komplett, aber doomige Geschwindigkeit gibt es auch nur vereinzelt zu hören, etwa in der Einleitung von „Fortitude“, das indes nach einer Minute dann doch noch im Midtempo loszumarschieren beginnt und insgesamt ein paar Parallelen zu den Landsleuten Swallow The Sun aufweist, aber sich von deren Abgründigkeit wiederum konsequent fernhält. Gäbe es den Gesang nicht, würde man das Ganze aber einfach Melodic Metal nennen und vielleicht den symphonischen Anstrich noch benennen, auch wenn letzterer nicht sonderlich stark ausgeprägt ist: Das Quintett besitzt mit Aapo Koivisto einen festen Keyboarder, der auch fleißig mit soliert, Teppiche unter den Riffs ausrollt oder diese mit Melodien verziert – aber generell dominiert die Gitarre das Geschehen. Da auch sie den Riffs gerne zusätzliche Melodiestimmen beigibt, wird die Frage spannend, wie die früher mit doppelter Gitarrenarmee ausgestatteten Finnen das in der auf dem Album zu hörenden Besetzung mit nur einem Gitarristen live umsetzen wollen, aber das kann dem Hörer der CD ja erstmal egal sein, und praktisch stellt sich die Frage wohl auch eher selten, da Gigs entweder mit einem Aushilfs-Zweitgitarristen bestritten werden bzw. mit Nick Cordle (ehemals bei Arsis und Arch Enemy aktiv), der mittlerweile offiziell fest dabei ist. Und damit der Melodiefaktor einen noch größeren Umfang einnimmt, steuern nicht nur Vanhala und Bassist Mikko Kivisto, sondern auch noch einige Gäste cleane Gesänge bei, wobei sich unter letzteren interessanterweise Jani Liimatainen befindet, den man ja eher als Gitarrist denn als Sänger kennt. Aber auf seinem Soloalbum My Father’s Son übernimmt der einstige Sonata-Arctica-Saitenhexer ja auch in einem der Songs den Leadgesang, so dass diese Aufgabe für ihn nichts grundsätzlich Fremdes darstellt. Und der Einsatz dieser cleanen Stimmen hat sich gelohnt: Zwar enthält Origin keine kapitalen Refrains, anhand derer sich Quasi-Hits benennen ließen, aber für das Gesamtbild und die Detailgestaltung sind diese Cleangesänge eminent wichtig.
Ein paar auffällige Songs lassen sich natürlich trotzdem finden. Das enorm melodisch-elegante instrumentale Intro „Emergence“ führt gekonnt ins Geschehen ein, bevor mit „Prime“ gleich eine der beiden in der Gesamtbetrachtung härtesten Nummern kommt, die trotzdem alle melodisch-edlen Tugenden atmet, die man auf dieser Platte erwarten kann. „Fortitude“ wurde oben bereits genannt, während „Friction“ einige äußerst ungewöhnliche Tempoverschiebungen enthält und sozusagen hinüber den Progmetal schielt. „Tempest“ wiederum täuscht lange Zeit einen geradlinigen Stampfer vor, dessen Hauptriff sogar Amon Amarth hätte einfallen können, aber dann bricht im Mittelteil der titelgebende Sturm los, Pesonen spielt zum ersten und auch einzigen Mal auf der Platte Blastbeats, ehe alles letztlich doch friedlich endet.
Natürlich unterschreitet auch der „normale“ Melodic Death eine sehr achtbare Grundqualität nicht: „Paragon“, „Reckoning“ und „Unity“ lassen sich allesamt prima hören, letzterer gewinnt durch den eindringlichen Cleangesang, hier unterstützt durch JC Huttunen, noch eine spezielle Qualität. Das Geschehen gipfelt im fast neunminütigen „Solemn“, das sozusagen fast alles nochmal in einem großen Epos zusammenfaßt, außer halt den Blastbeats – aber zumindest ein paar schnellere Stakkati wirft Pesonen im Hauptriff doch noch ein. Und der halbakustische Mittelteil hier ist was ganz Großes und doch nur das Vorgeplänkel für etwas noch Größeres, das sich danach entwickelt und wieder in einem dieser Cleangesangsparts gipfelt, unterstützt durch eine schräge, aber wirkungsvolle Art historischer Keyboardsounds.
Die Digipack-Variante enthält noch einen Bonustrack, und der weicht dahingehend vom Rest des Materials ab, dass sein Titel nicht nur aus einem Wort besteht und dass es sich außerdem um eine Coverversion handelt: „In Front Of Me“ stammt von einer Combo mit dem schönen Namen Infected Mushroom (Tschernobyl läßt grüßen?) und macht den Eindruck, als sei hier ein Popsong metallisiert worden. Das bewahrheitet sich zumindest ansatzweise, wenn die original 2007 erschienene Nummer auch kein Popsong im engeren Sinne ist: Bei Infected Mushroom handelt es sich um ein israelisches Duo, das sich 2007 gerade in einer Umbruchphase vom Goa zum PsyTrance befand und zu der Zeit mal kurz auch „echte“ Instrumente einsetzte, wenngleich man ihr selbst zu dieser Zeit nicht wirklich einen Rockfaktor bescheinigen konnte. Dass die Nummer sich im Resultat so gut in den Stil von Omnium Gatherum einfügt, dass man sie problemlos auch für eine Eigenkomposition halten könnte (hier unter Zusatz leicht angezerrter Cleanvocals), stellt den Finnen ein exzellentes Zeugnis aus, was die Pflege ihres eigenen Stils angeht. Somit lohnt sich in diesem Falle der Ausschau nach der Digi-Variante ganz besonders, aber auch die Normalvariante mit dem ausmäandernden sitarartigen Gitarrensound im Outro von „Solemn“ ist definitiv erwerbenswert, wenn der Digi nicht auftreibbar sein sollte. Origin ist jedenfalls ein enorm starker Genrebeitrag geworden, der als Gesamtwerk überzeugt, aber auch in der Detailbetrachtung mancherlei Interessantes enthält.



Roland Ludwig

Trackliste

1Emergence2:36
2Prime5:24
3Paragon4:13
4Reckoning5:15
5Fortitude6:20
6Friction4:54
7Tempest5:59
8Unity6:20
9Solemn8:46
10In Front Of Me4:46

Besetzung

Jukka Pelkonen (Voc)
Markus Vanhala (Git)
Aapo Koivisto (Keys)
Mikko Kivisto (B)
Atte Pesonen (Dr)
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So bewerten wir:

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19 bis 20 Überflieger