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La Tragédie de Salomé – Chant Élégiaque
Info
Musikrichtung:
Spätromantik / Orchester
VÖ: 10.05.2024 (Alpha / Naxos / CD / DDD / 2021 & 2022 / Alpha 941) Gesamtspielzeit: 69:11 |
KLANGSATTE OPULENZ
Kürzlich haben sich noch Les Apaches! unter Julien Masmondet der zwar nur kammermusikalisch besetzten, gegenüber der späteren Orchesterfassung aber wesentlich ausladenderen Urfassung von Florent Schmitts Tanzpoem „La Tragédie de Salomé“ angenommen (b-records). Nun folgt bereits eine weitere Einspielung des 1907 uraufgeführten Werks beim Label Alpha.
Dieses Mal kredenzt das Frankfurter Radio Sinfonieorchester unter Alain Altinoglu Schmitts eigenwillige Fassung der biblischen Geschichte von der schönen Salome, die vor ihrem Stiefvater Herodes tanzt und, von ihrer Mutter Herodias angestiftet, das Haupt von Johannes dem Täufer als Belohnung fordert.
Bei Schmitt wird das Geschehen unter anderem mit unheimlichen Unwetterausbrüchen, Totenerscheinungen und blutroten Farbexzessen symbolistisch überarbeitet und als geist- und sinnenverwirrender Taumel inszeniert. Das Ganze mündet zwar wie erwartbar in den gewaltsamen Tod des Täufers, aber auch in den Wahnsinn der Tänzerin, die in Schmitts Setting mehr als Opfer einer dekadenten antiken Hofwelt erscheint. Und anders als in Richard Strauss' berühmter Oper gelüstet es sie auch nicht, das Haupt des Täufers in nekrophiler Verzückung zu küssen.
Musikalisch bekommt man erlesenes Fin-de-Siècle: Der bekennende Antisemit und spätere Nazi-Anhänger Schmitt war um 1900 musikalisch ein Avantgardist, der Wagner, Debussy und andere spätromantisch-impressionistischen Klangwelten kurzschloss und in ihren harmonischen Ausschweifungen und Expressionen weiter steigerte. Schmitts extremer Stil frappierte und provozierte die Zeitgenossen.
Mit ruhiger Hand und kühlem Kopf gehen Altinoglu und seine gerade mal 20 Musiker:innen daran, Schmitts Vision klangsatt und lodernd zu Gehör zu bringen. Im Vergleich damit kingt die Version von Les Apaches! trockner und im Ganzen kammermusikalischer. Bei Alinoglu und dem FRSO hingegen entsteht die Illusion eines weitaus größeren Apparats.
Als Zugabe gibt es dann mit dem Solocellisten Peter-Philipp Staemmler nach dem Tod und Wahnsinn der getanzten „Tragédie“ noch den schwerblütigen „Chant élégiaque“ op. 24, bei dem dann das volle Orchester aufs Podium darf.
Fans schwelgerischer Orchesterklänge oder sinfonischer Filmmusik kommen hier gewiss auf ihre Kosten!
Georg Henkel
Trackliste
Chant Elegiaque op. 24
Besetzung
Alain Altinoglu, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |