Reviews
Der Process
Info
Musikrichtung:
Rock Fusion
VÖ: 12.01.2024 (Indies Scope Records) Gesamtspielzeit: 53:42 Internet: https://kafkaband.eu/ https://mosaik-promotion.de/ https://www.indies.eu/en/ |
Die Kafka Band setzt sich aus einigen der renommiertesten tschechischen Musiker zusammen, angeführt vom Schriftsteller Jaroslav Rudiš und Comiczeichner Jaromír 99, die beide für den Leadgesang verantwortlich sind.
Im Rahmen dieses Bandprojekts beschäftigen sie sichi seit gut zehn Jahren mit dem Werk des Schriftstellers Franz Kafka. Nach den bisherigen Alben "Das Schloss“ (2014) und "Amerika“ (2019) ist nun der dritte Longplayer mit Der Process erschienen. Man sollte sich auf ein teils skurril anmutendes literarisch-musikalisches Projekt einstellen, sozusagen ein Gesamtkunstprojekt der besonderen Art, das auch gern auf der Bühne live präsentiert wird.
Wie man nachlesen kann, haben sich die Künstler unvollendete Romantexte Franz Kafkas vorgenommen und diese entsprechend umgesetzt in ihre Musik. Neben auf Deutsch gesprochenen Texten hören wir auch Gesang in tschechischer Sprache. Alle Texte sind im eingehefteten Booklet zu entnehmen und für uns Deutschsprachige zumindest nachzuvollziehen, was die deutschsprachigen Anteile betrifft, und die Eigenwilligkeit der Texte Kafkas besticht dann durchaus. ("Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens in seiner Wohnung an seinem Geburtstag verhaftet, verhaftet, verhaftet, verhaftet." "Gesichter der Leute in den Reihen alle nur auf K. gerichtet, es sind alles alte Männer, Demütigung und Einsamkeit.") Aber auch auf Englisch wird gesungen, beim Song "Shame - Stud".
Und wie ist das Ganze musikalisch eingekleidet worden? Nun, das ist spontan nicht ganz so einfach zu beantworten! "Verhaftung - Zatčení" schwebt zunächst flirrend vor sich hin, ein langer Instrumentalteil leitet ein, bis der erste menschliche Laut bei etwa Minute Zwei auftaucht, Keyboards, Gitarren, Bass, ein wenig Perkussion, es bleibt eine lange Einleitung, und plötzlich, nach gut drei Minuten, mischt sich Lukáš Morávek mit der Trompete ein, und bald danach beginnt der Text mittels Sprechgesang. Ja, allein dieser Auftaktsong versprüht bereits etwas Kafkaeskes und einen Hauch von Düsternis.
Ansonsten hören wir Anteile aus Pop Rock, hier und da einen Hauch New Wave, ich vernehme quetschend-quietschende Gitarren, flotte Rhythmen in Richtung R&B, und wenn dann noch in tschechischer Sprache gesungen wird, dann gewinnt die Musik allein dadurch noch einen besonderen Ausdruck, gelegentlich werden die Sprachen auch vermischt. "Leni" wirkt mit dem Einsatz des Glockenspiels gar ein wenig märchenhaft, die Musik erinnert mich hinsichtlich der Stimmung allerdings auch ein wenig an Pink Floyd zu Zeiten des Albums "Wish You Were Here". Ähnlich geheimnisvoll schwebend kann sich mit seiner schwellenden Orgel "Dom - Chrám" präsentieren.
In galoppierendem Rhythmus und Chorgesang geht es beim "Türhüter - Dveřník" rasch in eine Art deutschsprachigen Rap über, bevor dann der tschechische Gesang einsetzt, dieser Song zählt auf jeden Fall auch zu den sehr ungewöhnlichen des Albums. ("Vor dem Gesetz steht ein Torhüter, es ist möglich, später eintreten zu dürfen, jetzt aber nicht, in dem Gericht täuscht Du Dich, wenn es Dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbots hineinzugehen....") "Im Mondschein - V měsíčním svitu" ist ein gesprochener Text, von diversen Klangfarben untermalt. Neben den Gesangsstücken gibt es mit "Leere - Prázdnota" ein nachdenklich klingendes Instrumental, aufgebaut auf Piano und Trompete. Ja, das Ganze ist halt eine bunte Melange von außerordentlich fremdartigem Zuschnitt, aber gerade dadurch von mitunter faszinierender Qualität.
Trackliste
2. Untersuchung - Vyšetřování (4:21)
3. Leere - Prázdnota (2:56)
4. Maskenball - Maškarbál (5:14)
5. Die Kanzleien - Kanceláře (4:31)
6. Shame - Stud (4:28)
7. Leni (4:03)
8. Advokat - Advokát (4:28)
9. Dom - Chrám (4:04)
10. Türhüter - Dveřník (4:29)
11. Im Mondschein - V měsíčním svitu (3:33)
12. Ende - Konec (4:10)
Besetzung
Dušan Neuwerth (guitar, vocal)
Tomáš Neuwerth (drums, percussion, glockenspiel, vocal)
Lukáš Morávek (guitars, trumpet, vocal)
Zdeněk Jurčík (keyboards, piano, melodica, percussion, glockenspiel, guitar, vocals)
Petr Weiser (bass guitar, violin, vocal)
Alois Ponížil (french horn)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |