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Reviews

Canned Heat

Finyl Vinyl


Info

Musikrichtung: Blues Rock

VÖ: 05.04.2024

(Ruf Records)

Gesamtspielzeit: 47:03

Internet:

https://cannedheatmusic.com/
http://wordpress.rufrecords.de/

Ja, die 1965 in Los Angeles gegründete Band Canned Heat gehörte in meiner Jugend zu einer meiner wegbereitenden Bands in Richtung Blues. So erschallte 1968 ihr großer Hit "On the Road Again", aber so echt zum Blues konnten mich dann eher ein Jahr davor entstandene Songs wie "Rollin' and Tumblin'", "Catfish Blues" oder"Dust My Broom" entführen. Auch auf den nachfolgenden Platten gab es stets viele Beispiele, in denen die Band ihre eigene Bearbeitung von Blues-Themen eindrucksvoll vorstellte.

Spielte beim Debütalbum aus 1967 noch Frank Cook das Schlagzeug, so war es ein Jahr später dann bereits Adolfo "Fito“ de la Parra. Und genau dieser Musiker ist es, der heute das einzig verbliebene Bandmitglied ist. Insofern noch nicht einmal einer den typischen Sound Prägender, denn das waren schließlich Bob Hite, Alan Wilson, Henry Vestine, Larry Taylor und bald, für Vestine, Gitarrist Harvey Mandel. Immerhin ist er es noch, der neben de la Parra unter den Lebenden weilt, aber wohl für eine aktuelle Bandbesetzung nicht mehr zur Verfügung stand.

Nun, es ist, wie es ist, letztlich stellt sich mit dem aktuellen Album Finyl Vinyl eine völlig andere Band vor. Ja, die drei neuen Herren sind auch nicht mehr die Jüngsten und sollten somit noch Einiges der Musik der alten Canned Heat aufgesogen haben, um es entsprechend zu verarbeiten. Dale Spalding ist immerhin auch schon etwa zwölf Jahre dabei, Rick Reed seit zwei Jahren und Gitarrist Jimmy Vivino ist der Neuling.

"One Last Boogie", der Opener, erinnert mich dann eher an ZZ Top denn an Canned Heat, aber an einen "Boogie Light", denn der Song kommt recht zurückhaltend und mir fehlt hier der typische Druck, gleichwohl sicher kein Flop. "Blind Owl", dieser Titel gibt natürlich sofort Spielraum für Assoziationen. Klar, das ist eine Hommage an das ehemals prägende Bandmitglied Alan Wilson und dessen Spitznamen. Hier gibt sich der Komponist des Songs die Ehre, Dave Alvin, Einigen vielleicht noch bekannt durch die Band The Blasters. Hier, und das kann man dann auch dem beigefügten Textbüchlein entnehmen, ehrt er Wilson mit entsprechenden Worten. Ja, Worten, denn der Gesang ist eher als Sprechgesang zu bezeichnen, dazu spielt er ein engagiertes Gitarrensolo, Blues mit Indie-Anstrich.

"Goin’ To Heaven (In A Pontiac)" ist der erste Song, der mich emotional und rhythmisch mitnimmt, ein cool shuffelnder Blues Rocker, ein Hauch von Dave Edmunds schwingt noch mit, recht britisch klingt das... Und dann einer meiner Lieblingssongs von Canned Heat, 1970 auf "Future Blues" erschienen: "So Sad (The World’s In A Tangle)". Seinerzeit spielte Harvey Mandel die Leadgitarre und ich bekomme noch heute eine totale Gänsehaut, wenn mich dieser Sound tief ins Mark trifft, allein auch durch Sänger Bob Hite, und wenn dann Harvey Mandel in dem fast acht Minuten langen Song nach der typisch klingenden Gitarrenpassage von Alan Wilson, die allein für sich schon eine Besonderheit in dem alten Song darstellt, ab etwa Minute Vier das Zepter in die Hand nahm, dann bewies er eindrucksvoll, wie individuell man sich doch als Gitarrist darstellen kann. Doch leider schweife ich ab, und muss mich der Realität stellen. Es mag ja nett gemeint gewesen sein, für diesen Song ausgerechnet Joe Bonamassa als Gaststar hinzuzuziehen, doch warum? Nicht nur, dass dieser Neu-Interpretation grundsätzlich die Magie des Originals fehlt, sondern auch noch der Einsatz des großen Stars, dessen meist gesichts- und emotionslosem Gitarrenspiel ich überhaupt nichts abgewinnen kann, die Stimmung des Originals vollends pulverisiert. Nun, gäbe es dieses nicht, könnte ich diesem Song letztlich gut lauschen, mehr aber auch nicht.

Interessant wird es mit dem "East/West Boogie", ja, musikalisch schien man hier Ost und West verbinden zu wollen. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Instrumental um eine Bearbeitung des Titelsongs einer Apple TV Show mit Namen "Tehran", die mit ein wenig Blues Rock und der Perkussion von Wally Ingram (wer kennt ihn denn noch als Mitspieler von David Lindley?) eine leicht schräge Interpretation vorstellt.

Ein echt guter Harmonica-Rocker ist "A Hot Ole Time", mächtig geslidet wird mit "You're The One", auch ein echt guter "Hinhörer" voller Emotion, und es fehlt eigentlich nur noch ein feiner Slow Blues. Der läßt dann nicht lange auf sich warten, und "When You're 69" erklingt ganz im Stil einiger Songs von Muddy Waters, ja, es geht hier um das rasche Fortschreiten des Alterns, viel zu schnell, "Your Birthdays Come Too Fast"...

Mithin bietet die Band ein Potpourri verschiedener Spielarten des Blues, mal mit mehr, mal mit weniger Feeling ausgestattet, mal mehr, mal weniger engagiert klingend, mit der ehemaligen Band Canned Heat vermag ich jedoch so gar keine Verknüpfung mehr herzustellen, das ist einfach eine Neuausgabe mit ganz eigen gestalteter Richtung.



Wolfgang Giese

Trackliste

1 One Last Boogie (3:59)
2 Blind Owl (6:04)
3 Goin’ To Heaven (In A Pontiac) (3:02)
4 So Sad (The World’s In A Tangle) (5:52)
5 East/West Boogie (Instrumental) (4:09)
6 Tease Me (3:11)
7 A Hot Ole Time (3:29)
8 You’re The One (4:50)
9 When You’re 69 (4:51)
10 Independence Day (4:27)
11 There Goes That Train (3:10)

Besetzung

Dale Spalding (harmonica and vocals)
Jimmy Vivino (guitars, keyboards, organ and vocals)
Richard "Rick" Reed (bass on all songs)
Adolfo "Fito" de la Parra (drums on all songs)
Dave Alvin (vocal and guitar - #2)
Joe Bonamassa (lead guitar - #4)
Wally Ingram (percussion - #5)
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