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Amore Siciliano. Opernpasticcio aus Volks- und komponierter Musik des 17. Jahrhundert
Info
Musikrichtung:
Barock / Ensemble
VÖ: 10.05.2024 (Alpha / Naxos / CD / DDD / 2023 / Alpha 1037) Gesamtspielzeit: 66:50 |
UNWIDERSTEHLICH!
Eine echt sizilianische Love-and-Crime-Story gibt den roten Faden für das kurzweilige Opernpasticcio „Amor Siciliano“ ab. Sie stammt aus dem Volksgut und könnte so auch Verdi oder Puccini inspiriert haben: Ein General begehrt eine junge Frau, deren freiheitsliebender Verlobter im Gefängnis auf seine Hinrichtung wartet. Wenn sie seine Avancen erwidere, so das Versprechen, dann werde er dafür sorgen, dass der junge Mann freikomme. Daraus wird natürlich nichts: Der vermeintliche Wohltäter ist ein lüsterner Zyniker, der seine Frau demütigt und die Geliebte quält. Als sie mitansehen muss, wie der Gefangene zu Erschießung abgeführt wird, nimmt sie sich das Leben. So geht die Geschichte, von der ein wundersam eingängiges und zugleich todtrauriges Lied aus Kalabrien erzählt, "La Canzone die Cecilia".
Auf der Basis dieses archetypischen Plots und der Ballade hat Leonardo García Alarcón eine Minioper von gut einer Stunde Dauer kreiert und dafür noch weitere musikalische Fundstücke der Volks- und Kunstmusik vornehmlich des 17. Jahrhunderts herangezogen. Der Cecilia-Ohrwurm dient als roter Faden, seine Strophen kehren in unterschiedlichen Arrangements leitmotivartig wieder. In den weiteren ausgewählten Stücken, die zum Teil sehr entlegenes, aber unbedingt hörenswertes Repertoire aus dem Archiv der St. Johannes-Kathedrale von Malta vorstellen, äußern sich die Personen des Stücks (respektive der Ballade) und reflektieren die Ereignisse aus unterschiedlicher Perspektive. Ganz selbstverständlich fügt sich auch die elaborierte Madrigalkunst z. B. von Sigismondo d’India oder Alessandro Scarlatti ins große Ganze ein. Man erahnt bei allen stilistischen Unterschieden die gemeinsamen Quellen, aus denen die anonymen und namentlich bekannten Schöpfer (und Schöpferinnen?) ihre Inspiration gewonnen haben.
Das Geschehen bleibt zwar weitgehend der Fantasie der Zuhörenden überlassen, diese wird aber mit immer neuen unwiderstehlichen Reizen stimuliert. Unter Alarcóns befeuernder und präziser Leitung gelingt die Synthese zwischen hoher Komponistenschule und eingängiger Volksmusik schlicht hinreißend, nicht zuletzt wegen der ausgezeichneten Riege von Sänger:innen und der sorgfältig durchgestalteten instrumentalen Begleitung, für die der Theorbist Quito Gato verantwortlich zeichnet.
Ana Viera Leite und Mariana Flores, Léo Fernique, Valerio Conataldo und Matteo Bellotto bieten mit Passion und charaktervollen Timbres eine alle Stil- und Formgrenzen selbstverständlich überschreitende Performance, der man die lange Reifezeit anhört. Das ursprüngliche Konzept ging 2014 erstmals über die Bühnen und wurde für die CD-Produktion nochmals verdichtet. Da wird dann derart leidenschaftlich geschmeichelt, gelitten, geschmachtet, geseufzt und Rache geschworen, dass man sich nicht entziehen kann.
Alarcón selbst hat für das Opus übrigens über das Cecilia-Lied eine fünfstimmige Fuge komponiert, gleichermaßen eine perfekte barocke Imitation und respektvolle Referenz vor der immer wieder erstaunlichen Kreativität einer ganzen Epoche, die man hier entdecken und genießen kann.
Georg Henkel
Besetzung
Cappella Mediterranea
Leonardo García Alarcón
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |