Reviews
La Morte vinta sul Calvario
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 05.04.2024 (Accent / Note 1 / CD / 2023 / Artikelnr. ACC 24402) Gesamtspielzeit: 73:18 Internet: Les Traversées Baroque |
KARFREITAGS-SPEKTAKEL
Einen hübschen Vorwand fanden die Jesuiten im Österreich des ausgehenden 17. Jahrhunderts, damit die Gläubigen auch am (eigentlich stillen) Karfeitag nicht auf Musik und Sepkatkel verzichten mussten: Die sog. Sepolcri wurden in den Kirchen halbszenisch vor gemalter Kulisse (das Heilige Grab) und in Kostümen aufgeführt. Allegorisch betrachtend warf man dabei einen Schlaglicht auf Jesu Grablegung, seinen Abstieg in die Unterwelt und die Bedeutung des Geschehens für die Gläubigen. Somit ergab sich keine Handlung im eigentlichen Sinne, aber doch viel Raum für dramatische Szenen, klagenden Melos sowie instrumentale und vokale Virtuosität. Eines dieser Stücke schuf der (Vize)Kapellmeister am Wiener Hof Marc´Antonio Ziani im Jahre 1706. Der gebürtige Venezianer knüpft musikalisch an die Traditionslinie von Cavallo oder Stradella an, steht also noch eher im 17. als im 18. Jahrhundert, schöpft aber die instrumentalfarblichen Möglichkeiten musikdramatischer aus und erschafft eine beachtlich vielgestaltige, lebendige Welt der Gegensätze und des Ringens der Kräfte in Welt und Himmel. Die kontrapunktische Kunst ist dabei ebenso ausgereift wie der Wille zur unverhohlen theatralischen Zeichnung des Moments. Interessant, dass das Werk in einem Adagio-Chor ausklingt, der das Ganze in einem betrachtenden Ruhemoment zusammenführt.
Les Traversées Baroque präsentieren das reizvolle, kurzweilige Stück engagiert und auf hohem Niveau. Wie so oft ist die Figur des Bösewichts dabei am attraktivsten: Yannis Francois verleiht dem Teufel (Il Demonio) bassdonnernde, aggressive Wucht und wird am Ende doch kleinlaut. Der Altus Maximiliano Banos ist als sein Verbündeter (Der Tod) verführerisch klangschön. Eine überraschende Figurenzeichnung hält Dagmar Saskova als "Der Glaube" bereit - hier keineswegs kreuzbrav, sondern sehr kämpferisch den beiden Widersachern exorzistisch entgegentretend. Auch Tenor Vincent Bouchot füllt seine Rolle gut aus, wohingegen Capucine Keller die Seele Adams mit einigen Wacklern und Intonationstrübungen schwächlicher erscheinen lässt, als sie gemeint war und auf diese Weise leider auch der Schlussarie eine wenig befriedigende Nuance gibt.
Das Orchester ist, bis in die stets heiklen Hörner hinein, exzellent und zaubert eine Farbvielfalt, wie Ziani sie sich erträumt haben und wie sie der Kulisse entsprochen haben dürfte.
Schade, dass dem italienischen Libretto ausschließlich eine Übersetzung in französischer, nicht aber in deutscher oder zumindest englischer Sprache beigegeben wurde. Nun, Zianis Musik spricht glücklicherweise zumeist für sich und das bis heute noch.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Les Traversees Baroques
Etienne Meyer: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |