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Sinfonie Nr. 9
Info
Musikrichtung:
Romantik / Sinfonik
VÖ: 08.03.2024 (Myrios / Note 1 / CD / DDD / 2023 / MYR034) Gesamtspielzeit: 53:00 |
DRAMATISCHE KLARHEIT
Unter den aktuell im Entstehen begriffenen Bruckner-Zyklen setzt derjenige von François-Xavier Roth und dem Gürzenich-Orchester Köln eigene Akzente: Da ist zunächst die hohe Klangkultur und das Gespür für Farben und Texturen, was Bruckners Sinfonien nicht nur sehr nuanciert, sondern immer wieder erstaunlich modern klingen lässt. Vielleicht liegt es an Roths Herkunft und seiner Befassung mit französischer Spätromantik und natürlich impressionistischer Werke, dass Bruckners Flächen und Kuben unter seinem Dirigat immer wieder so differenziert farbig erscheinen. Sicherlich schöpft er aus seinen Erfahrungen mit historischen Instrumenten, deren Qualitäten er auch einem „modernen“ Orchester wie dem Gürzenich entlockt.
Die dafür nötige dynamische Feinabstimmung wie auch die vibratoarme Klarheit und Transparenz geht aber nicht auf Kosten eines mächtigen Klangerlebens: Auch bei Roth gibt es bei allem Feinsinn Nachtschwärze und Gipfelglühen, scharfe Grate und aufschießende Klangmassive. Mit anderen Worten: Dramatik, Wucht und Volumen. Die Ausführenden folgen nicht einer aktuellen Tendenz, Bruckner zu demonumentalisieren, um ihn vor allem warm und nahbar und dafür weniger schroff und gewaltig, ja überwältigend klingen zu lassen.
Und so gerät bei Roth und dem Gürzenich auch Bruckners unvollendeter Schlussstein, die 9. Sinfonie, zu einer vorzüglichen Beschwörung all jener Qualitäten, die diesen Komponisten auszeichnen: Melodisch-harmonische Emphase, gepaart mit zerklüfteter, unter Hochspannung stehender Architektur. Die gewählten flüssigen Tempi wirken wieder sehr natürlich, das Langsame lahmt nicht, das Schnelle eilt nicht. Dabei dürfte insbesondere die Version des Adagio mit rund 20 Minuten eine der kürzesten sein, ohne dass man die vom Komponisten vorgeschriebene Feierlichkeit und Langsamkeit vermissen würde. Die musikalische Zeit ist in jedem Moment erfüllt, weil die Gesamtdisposition stimmt.
Roth verzichtet auf romantisierende Tempobe- oder entschleunigungen und wahrt ein klassisches Maß. Die genau austarierte Dynamik und Gewichtung einzelner orchestraler Stimmen und vor allem der Blechbläser-Register sorgt immer wieder für eine leichte Verschiebungen der gewohnten Hörperspektiven. Das macht sich u. a. beim Scherzo bemerkbar, bei dem die durch markante Akzente fast bockig stampfende Gewalt des ersten Teils mit der alles andere als idyllischen Ländler-Trio-Fantasie des zweiten beantwortet wird.
Georg Henkel
Trackliste
1 | I. | 22:37 |
2 | II. | 9:49 |
3 | III. | 20:34 |
Besetzung
François-Xavier Roth, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |