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The Lamb’s Journey (A Choral Narrative from Gibbons to Barber)
Info
Musikrichtung:
Chormusik
VÖ: 22.03.2024 (Alpha / CD / DDD / 2022 / Alpha 1029) Gesamtspielzeit: 70:26 |
INNIGE EKSTASE
Eine chorische Christus-Biographie? Nicht ganz, denn das Album „The Lamb’s Journey“ des Ensemble Altera beleuchtet in erster Linie ein beliebtes christliches Symbolbild, das mit dem Leben Jesu in unterschiedlichen Kontexten verbunden wurde: das „Lamm Gottes“. Eine Reise durch die Jahrhunderte: Das Spektrum reicht vom elisabethanischen England des Orlando Gibbons über Ausschnitte aus berühmten Chorwerken des 18. und 19. Jahrhunderts (etwa Antonio Lotti und Anton Bruckner) bis hin zu zeitgenössischen Kreationen. Das Programm arbeitet allerdings die Werke nicht chronologisch ab, sondern folgt musikalischen Gesichtspunkten.
Gleich das erste Stück auf dieser Platte, das orgelbegleitete „Worthy ist he Lamb“, ist sogar eine Weltersteinspielung (eine von insgesamt dreien auf diesem Album). Sie stammt von der 1970 geborenen Joanna Marsh, die hier die herbschöne, orgelbegleitete Vertonung eines Hymnus aus der Johannesoffenbarung vorlegt: Ein Stück, dass sich im weiteren Verlauf zu ekstatischer Dramatik aufschwingt und in allen möglichen harmonischen Farben schillert.
Gleich hier besticht das Ensemble Altera unter der Leitung und Mitwirkung des Countertenors Christopher Lowrey durch einen leuchtend klaren, homogenen und farbigen Klang und eine nicht nur hier spürbare innere Bewegtheit. Ein gewisser effektvoller Nachdruck liegt nicht nur bei diesem Stück auf den hohen Registern.
Daneben gibt es auch verhaltenere Momente, die zum inneren Mittvollzug einladen: Berührt die „Salvator-Mundi“-Motette aus dem Requiem von Herbert Howells durch die Wärme und Sensibilität der Interpretation, so frappiert bei Francis Poulencs „Agnus Dei“ aus dessen A-Dur-Messe das kristalline Strahlen, mit dem der Sopranist Eliah McCormack den Beginn intoniert.
Ein anonym überliefertes Spiritual wie „Were You There“ wirkt in der vorliegenden Bearbeitung durch den verhaltenen Einsatz des Solo-Tenors (Michael Garrey) und die warme Timbrierung des Chors ebenso stimmig wie das „Agnus Dei“ aus Anton Bruckners archaisierender E-Moll-Messe – gerade bei diesem Stück fällt auf, wie „postmodern“ dieser Spätromantiker wirken kann, wenn die dissonanten Reibungen so ausgekostet werden wie hier.
Fröhlich tanzt Samuel Scheidts Auferstehungslob „Surrexit Christus hodie“ und mit leichtem Swing entfaltet sich auch Gibbons „O clap your hands“, während die erhabenen Kirchenfensterfarben von Olivier Messiaens „O sacrum convivium“ einen Ruhepol schaffen. Selbst das schwärmerische „O salutaris Hostia“ von Ēriks Ešenvalds oder die „Agnus-Dei“-Bearbeitung von Samuel Barbers notorischem „Adagio for Strings“ berührt durch eine Interpretation, die bei aller Emphase nicht in Kitsch umschlägt.
Die recht räumliche Kirchenakustik sorgt für einen leicht diffusen, atmosphärisch aber wirkungsvollen Gesamteindruck.
Georg Henkel
Trackliste
Herbert Howells: Salvator Mundi aus Requiem
Zusanna Koziej: The Lamb
Francis Poulenc: Agnus Dei aus Messe G-Dur
Pawel Lukaszewski: O vos omnes aus Respensoriae Tenebrae
Kenneth Leighton: Drop, drop, slow tears
Antonio Lotti: Crucifixus a 8
Anton Bruckner: Agnus Dei aus Messe e-moll
Samuel Scheidt: Surrexit Christus hodie
Orlando Gibbons: O clap your hands
Francis Grier: Panis angelicus
Olivier Messiaen: O sacrum convivium
Eriks Esenvalds: O salutaris hostia
Samuel Barber: Agnus Dei nach dem Adagio for Strings
Spiritual (arrangiert von Michael Garrepy): Were you there?
Besetzung
Christopher Lowrey
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |