Reviews

Vivaldi, A. (Chauvin)

Concerti op.8 Nr. 1-4 (Vier Jahreszeiten)

Info Musikrichtung: Barock VÖ: 08.03.2024 (Alpha / Naxos / CD / 2023 / Artikelnr. ALPHA 1005) Gesamtspielzeit: 57:48 Internet: Le Concert de la Loge

Jedes Jahr hat seine Höhen und Tiefen. Nicht anders bei dieser Einspielung von Vivaldis Dauerbrenner, den "Vier Jahreszeiten". Julien Chauvin blättert seinen Kalender - hui: wie gewagt! - beim Herbst auf und lässt es dann erst einmal Winter werden. Nach der eingeschobenen Arie "Andromeda Liberata" (aus der Serenata "Andormeda liberata"), die Countertenor Paul-Antoine Bénos-Dijan vorträgt und die in ihrer Bildsprache dank Sonne und Sturm zumindest ein paar Bezugspunkte in der Natur hat, darf dann doch noch der Frühling auftreten, bevor der Sommer den Reigen beschließt.

Die Umstellung der Reihenfolge wirkt nicht nur etwas bemüht originell, sondern ist deshalb unglücklich, weil gerade jener "Herbst" interpretatorisch der schwächste Teil der Aufnahme ist. Le Concert de la Loge musizieren ihn hyperventilierend auf der Stuhlkante sitzend. Chauvin selbst pflegt einen spitzen Violinton mit paganinihafter Anmutung. Es ist eine Erntezeit voll gestresster Anspannung, mechanisch mit viel Stakkato dargeboten. Sanglich und freudvoll angesichts herbstlicher Überfülle wirkt hier gar nichts. Dagegen erscheint der an sich ruppigere Winter dann schon fast freundlich.
Wesentlich überzeugender kommen der Sommer und vor allem der Frühling daher, bei dem sich die Ausführenden zumal im dritten Satz schön "in die Kurve" legen, ohne ins Extreme abzugleiten.

Was die eingeschobene Arie an programmatisch an besagter Stelle austragen soll, bleibt vollständig im Dunkeln. Dafür beschließt die Sonata "La Follia" das Album qualitätvoll, wenngleich man sich hier durchaus den kantigeren Angang vom Beginn des Albums zurückgewünscht hätte.

Angesichts extrem starker Konkurrenz bleibt die CD auf diese Weise im mittleren Tabellendrittel stecken.

Sven Kerkhoff