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Te Deum – Exaudiat Te Dominus (Grand Motet Vol 4)
Info
Musikrichtung:
Barock / Geistliche Musik
VÖ: 08.03.2024 (CVS / Naxos / 2 CDs / DDD / 2023 / CVS 117) Gesamtspielzeit: 68:24 |
ZWISCHEN POMP UND VERKLÄRUNG
Selten einmal entfaltet sich die raffinierte und komplexe Dramaturgie von Jean-Baptiste Lullys monumentalem Te Deum so barocktheatralisch und klangfarbig wie hier - wobei man über bestimmte Manieren (oder auch Manierismen) sicherlich streiten kann. Doch zumindest scheint der einstige Superintendent plötzlich zumindest stellenweise einem gewissen Anton Bruckner in Wien die Hand zu reichen. Dies nicht zuletzt dank einer sehr großen Besetzung, bei der der Chor und das Orchester von „Les Épopées“ mit dem „Nachwuchsensemble“ des Versailler Barockzentrums, „Les Pages et les Chantres du Centre de musique baroque de Versailles“, unter der Leitung von Stéphane Fuget gedeihlich zusammenwirken.
Damit lassen sich näherungsweise jene Tutti-Besetzungsstärken und vor allem die zahlreichen differenzierten Subensembles realisieren, wie sie Lully offenbar vorgesehen hat. Denn das Werk, so sehr es in einigen Abschnitten mit Pauken und Natur-Trompeten – hier sieben an der Zahl – auftrumpft, ist weitaus mehr als eine überbordende Repräsentationsmusik anlässlich von militärischen Siegen, Prinzengeburten, königlichen Taufen und anderen staatstragenden Ereignissen.
Vielmehr durchschreitet der hymnische Parcours diverse sehr unterschiedlich ausgestattetet musikalische „Gefühlsräume“, in denen neben den erforderlichen Klangmassierungen auch immer wieder ergreifend zarte und lyrisch gehaltene Ruhezonen ihren Platz finden. Mit einer flexiblen Tempogestaltung - ist das noch ein barockes oder schon ein spätromantisches Rubato à la Furtwängler? - kann die musikalische Zeit gedehnt, ja geradezu stillgestellt und der energisch ausgreifende chorisch-orchestrale Pomp von inniger Solisten-Andacht und himmlischen Verklärungsklängen abgelöst werden. Schön gestalten sich auch die diversen Raumwirkungen und dynamischen Staffelungen zwischen dem großen und kleinen Chor, da leistet die großzügige Akustik der Versailler Schlosskapelle den Interpreten beste Dienste.
Gewöhnungsbedürftig sind allerdings zunächst die ersten Trompeteneinsätze, denn beim "Marche Royale" hört man doch, dass es sich um Instrumente ohne Hilfsbohrungen handelt - historisch also ganz korrekt, intonatorisch freilich heikel, trotz des technischen Niveaus, die die Spieler inzwischen auch hier erreicht haben. Freilich dürfte der nicht ganz ebenmäßige Klang Fugets Intentionen durchaus entgegenkommen und beim Einsatz des vollen Orchesters relativiert sich der Eindruck auch recht schnell.
Wie schon bei den Vorgängereinspielungen lässt Fuget die Sängerinnen und Sänger üppig verzieren und lädt nahezu jeden einzelnen Takt mit affektverstärkenden Mitteln auf, wobei es stets um die möglichst intensive Ausdeutung des Textes geht. Erfreulich ist, wie darum das zuletzt bei vielen Aufnahmen älterer Musik wieder zu beobachtende pauschale Dauervibrato hinter eine disziplinierte, am Ausdruck orientierten Singweise zurücktritt. Gleichwohl gibt es einen gewissen expressiven "Druck" und die große Form tritt hinter das Detail des Augenblicks zurück.
Das Klangbild ist aufgrund der gestalterischen Freiheiten viel heterogener, vieles wirkt auch spontaner, wird mehr al fresco dargeboten. Doch deuten die vielen genau ausgestalteten Übergänge und Zwischenspiele beim Te Deum auf eine sorgfältige Vorbereitung hin. Zumal die zweite große Motette auf dieser CD, das „Exaudiat te Dominus“, erst 1687 für eine gemeinsame Aufführung der beiden Werke hinzukomponiert wurde und sich stilistisch vom Te Deum unterscheidet: Dessen eher „flüssige“ Architektur mit seinen gleitenden Übergängen wurde durch klar voneinander geschiedene Blöcke ersetzt und der Anspruch an die Virtuosität z. B. bei den Streichern ist hörbar größer. Gleichwohl finden die Interpret:innen auch hier ausreichend Raum für reiche Binnendifferenzierung und individuelle Charakterisierungen.
Mit der Schlussapotheose dieser Motette, einem herrlichen finalen „Gloria Patri“, krönen Stéphane Fuget und seine überwiegend sehr gut disponierten Ensembles ihre Lully-Motetten-Tetralogie mehr als angemessen.
Georg Henkel
Trackliste
Jacques Dancian Philidor: Marche de timballes faite par Philidor Cadet
Andre Danican Philidor: La Marche Royale
Besetzung
Les Pages et les Chantres du Centre de musique baroque de Versailles
Stéphane Fuget, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |