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Noël sous L'Empire – Weihnachtliche Orgelmusik des Empire
Info
Musikrichtung:
Empire / Romantik / Orgel
VÖ: 03.11.2023 (CVS / Note 1 / 2 CD / DDD / 2022 / CVS) Gesamtspielzeit: 64:55 |
ORGELWEIHNACHT ZWISCHEN BAROCK UND ROMANTIK
Die Nische in der Nische – das kommt einem in den Sinn, wenn man dieses Album in die Hände nimmt. Wahrscheinlich dürfte der Name Isaac-François Lefébure-Wely (1754 bis 1831) auch unter Organisten allenfalls den Spezialisten für entlegenes Repertoire bekannt sein. Denn die ausgewählten Werke stammen aus der der französischen Restaurationszeit bzw. dem Napoleonischen Kaiserreich zu Beginn des 19. Jahrhundert, einer Epoche, die unter dem Namen „Empire“ eine von der klassischen Antike inspirierte Stilgeschichte geschrieben hat. Musikalisch kündigte sich hingegen die Romantik mit ihrer Suche nach Selbstausdruck und Raum für das subjektive Erleben an.
Da hatte es die Orgel schwer, denn auch nach der Revolution hielten die berühmtesten Werkstätten noch lange an barocken Klangidealen fest. Diese Instrumente waren für die komplexere Harmonik und die lyrischeren Ausdrucksideale der Romantik nicht sonderlich passend. Entsprechend überschaubar ist das Repertoire und man möchte vermuten, dass es eher „rückständig“ ist.
Dass dem nicht unbedingt so ist und sich die Befassung damit lohnt, demonstriert Quentin Guérillot an der Orgel der Versailler Schlosskirche mit einem weihnachtlich inspirierten Programm vor allem mit Kompositionen des besagten Lefébure-Wely. Dieser wurde in Rouen geboren und hat sich als Cembalist und Organist einen Namen gemacht, aber auch für das Fortepiano sowie geistliche Vokalwerke und Opern komponiert.
Lefébure-Welys Musik ist abwechslungsreich und gediegen gearbeitet und gewinnt auf den vielfarbigen Registern der Neo-Clicquot-Orgel unter Guérillots Fingern ein markantes Profil: Einerseits schöpft Lefébure-Wely aus den Quellen der barocken Vergangenheit, von deren Ausläufern er noch selbst geprägt wurde. So finden sich hier zwei klangvolle Fugen. Andererseits greift der Komponist die Entwicklungen der romantischen Harmonik auf, mit denen er unter anderem seine Variationen über diverse altfranzösische Weihnachtslieder anreichert. Mit einem "Tambourin" wiederum lauscht er auf tänzerische Echos aus der südfranzösischen Provinz, entführt die Zuhörenden damit aber auch in die Epoche des Ancien Régime. Oder er schreibt im Stil der damals beliebten Romanzen sanglich und liedhaft, wobei er die Archaik des Orgelklangs geschickt für die stimmungsvolle Darstellung nutzt.
Die barocke Disposition des Instruments wird so zum Mittel, weihnachtliche Erinnerungs-Momente zu kreieren, die zugleich die „gute alte Zeit“ beschwören.
Ergänzt wird dieses Konzert noch durch einige orgelbegleitete einstimmige geistliche Vokalwerke anderer Komponisten, ein liturgisches Repertoire, das seinerzeit für einige Jahre sehr in Mode war und in dem sich religiöse Innigkeit und Schlichtheit verbinden. Den Vokalpart meistert Maud Bessard-Morandes mit schöner klarer und lichter Tongebung.
Georg Henkel
Trackliste
Luigi Cherubini: Paster Noster
Jacques-Marie Beauvarlet-Charpentier: O Salutaris 1 & 2
Besetzung
Maud Bessard-Morandes, Sopran
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |