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Utrique Fidelis. Traditionals aus der Vendée in barockisierenden Bearbeitungen
Info
Musikrichtung:
Traditionals / Barock / Ensemble
VÖ: 03.11.2023 (Enphases / Note 1 / CD / DDD / 2023 / ENP015) Gesamtspielzeit: 75:30 |
ARCHAISCHE WEISEN, BAROCK INSZENIERT
"Traditionals aus der Vendée in barockisierenden Bearbeitungen": Zugegeben, so übersetzt klingt der Untertitel „Vendée Traditionelle et Baroque“ wirklich etwas sperrig. Aber was der Arrangeur und Theorbist Miguel Henry zusammen mit Sänger Laurent Texier und dem Ensemble Présences aus den alten Liedern der Vendée gemacht hat, klingt alles anderes als widerspenstig, sondern ist sehr zugänglich, und oft richtig berührend oder mitreißend. Die alten Lieder, Balladen und einige regionale Tanzmodelle aus dieser Westküsten-Provinz Frankreichs hat Henry im Stil des Barock, vor allem des 17. Jahrhunderts, bearbeitet und instrumentiert. Das melodische Material ist original, das übrige „Zutat“, aber ganz im Geist und Stil des „grand siècle“.
Dabei bedient Henry sich zwar gelegentlich auch bei bekannten Komponisten dieser Epoche wie François Couperin oder Jean-Baptiste Lully, die ja nicht nur Musiklieferanten für den Adel, sondern auch Hit-Produzenten für’s Volk waren. Manches klingt auch wie von Marin Marais, ist aber offenbar nur eine geschickte Allusion.
Doch damit illustriert Henry nur die kreativen Austauschbewegungen zwischen „Volkskunst“ und den Produkten der damaligen Kunstmusik. Auch die genannten Meister würzten mit den Volksliedern oder Tänzen jener Zeit ihre Opern, Gamben- und Cembalo-Miniaturen. Da schließt sich der Kreis der gegenseitigen Inspirationen. Und so verbinden sich die diversen Zutaten komplikationslos, klingen im besten Sinne organisch und authentisch. So könnte es auch damals geklungen haben.
Authentisch ist auch der Gesang von Laurent Tixier, der in den Traditionen der Vendée sehr bewandert ist. Tixiers tenorale Stimme ist nicht im klassischen Sinne „schön“, aber sehr wandlungsfähig und ausdrucksvoll: ein Barde und Liedersänger zwischen den Epochen und Stilen. Gelegentlich begleitet er sich auch auf der Drehleier. Mit hörbarer Lust an der Charakterisierung widmet er sich den Liebesliedern, Werwolflegenden und mitunter märchenhaften Stoffen um Tod und Teufel, Krieg und Frieden, Lebenslust und Winterkälte.
Eine abwechlsungsreiche musikalische Wanderung durch die Vendée, bei der ein offenbar unerschöpfliches Erbe archaisch-heimeliger Weisen und Poesie in die barocke Vergangenheit projiziert wird. Dieser kreative „Historismus“ erschließt dieses Repertoire aber gerade für moderne Ohren sehr überzeugend!
Georg Henkel
Trackliste
Francois Couperin: Muzette & Le Point du Jour
Jean-Baptiste Lully: Passacaille de Persee & Nous partons tous; Le Sommeil d'Atys; Rigaudon Nr. 1 & 2
Laurent Tixier: Le louvetier
Michael Praetorius: Avant-deux a Joseph Chataigner & Gavottes
Besetzung
Ensemble Les Presences
Miguel Henry, Theorbe, Gitarre, Arrangements & Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |