Reviews
Lee Waves (EP)
Info
Musikrichtung:
Electro-Fusion
VÖ: 04.08.2023 (Springstoff) Gesamtspielzeit: 34:19 Internet: https://greyparis.eu/ https://www.springstoff.com/ https://mosaik-promotion.de/ |
Grey Paris, das ist ein Trio aus Berlin, gegründet 2016. Piano, Bass und Schlagzeug, das sind die Grundelemente der Instrumentierung, und dazu wird eine dicke Prise Elektronik gereicht. Laut Pressetext entführen die Kompositionen des Trios die Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine akustische Reise, inspiriert von Künstlern wie E.S.T., Gogo Penguin, Nils Frahm und Brand Brauer Frick. Nun, Alle, wem diese Namen etwas sagen, können sich schon einmal eine ungefähre Vorstellung vermitteln.
Mit Lee Waves ist nun ein Album erschienen, dass jedoch eigentlich als EP deklariert wird. Nun, angesichts der vier Songs der Platte wäre das nahe liegend, doch letztlich beträgt die Spielzeit gute vierunddreissig Minuten, was insofern doch für eine normale Platte klingt.
Mit dem Titelsong wird der Reigen eröffnet, ja, und das erinnert mich in der Tat an die Musik von E.S.T.! Und nun setzt die zunächst dezente elektronische Bearbeitung ein, über den Wellen vernehme ich die Laute von Möwen, gleichzeitig Klänge wie die eines Sequenzers, das man aus den Siebzigern und Achtzigern von Bands wie Tangerine Dream und anderen noch gut kennt. Zusammen genommen klingt das ein wenig wie Filmmusik, und wenn dann später noch einige weitere "elektronische Spuren" erscheinen, dann fällt mir dazu schon wieder etwas Anderes ein, Musik von Robert Miles. So gewinnt der Einstieg etwas Hypnotisches, etwas Trance-artiges im Aufbau.
Erwähnte ich soeben den Begriff Filmmusik, so konnte ich nachlesen, dass die Band ihre Musik auch als “Cinematic Electroacoustic Jazz” betitelt, das ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Interessant ist noch dieser Aspekt, wie es in der Presseinfo verzeichnet ist: Etwas Besonderes an „Lee Waves“ ist, dass wir im Laufe des ganzen Prozesses Aufnahmen von Flügel, Bass und Schlagzeug an ungewöhnlichen Orten gemacht haben, basierend auf der Resonanz und Energie des jeweiligen Raumes. Einer dieser Orte war ein altes Fabrikgebäude, das jetzt als Klavierwerkstatt genutzt wird, ein Ostberliner Plattenbau aus DDR-Zeiten, und eine Berghütte in den Schweizer Alpen. So konnten wir für jeden Song eine absolut spezielle Atmosphäre einfangen.
"Mytilini" offenbart sich anders, es klingt recht minimalistisch und besitzt Anteile von Ambient und wirkt, ständig anschwellend, wie ein Vorspiel eines Hauptsongs oder wie ein Teil einer Suite, es wirkt weniger strukturiert und unterhält mehr durch den momentanen, dahinfließenden Eindruck, und besitzt so etwas wie ein wenig Dramatik.
"Orgone" ist nun wieder anders, hier steht die elektronische und recht kühle Bearbeitung im Vordergrund, inklusive typischer "Claps" und wabernde Synthie-Klänge, nun bin ich gedanklich ganz dicht an der Musik des bereits erwähnten Robert Miles. (an dessen Song "Children" erinnern sich sicherlich noch Einige)
Der letzte Song, "Live Session No.1" soll ein Ausschnitt von Jam-Sessions der Band sein, hier zeigt sich dann vordergründig noch einmal die eher elektronisch ausgerichtete Spielweise der Formation. Durch die Länge des Songs von knapp elf Minuten wird der Gestaltung genügend Raum gelassen, doch meiner Meinung nach wird das nicht ausreichend genutzt. Denn wenn man sich anscheinend wohl als Teil der Jazzszene versteht, dann sollte man die Freiheit des Jazz' auch nutzen und nicht so sehr festkleben an dieser tranceartigen Gestaltung von Formen und Farben.
Der Titel der EP soll sich auf atmosphärische Wellen beziehen, die einen an unerwartete Orte tragen und neue Perspektiven eröffnen. Unerwartete Orte mögen bedingt zutreffen hinsichtlich der verschiedenen Songs, doch neue Perspektiven vermag ich letztendlich nicht zu erkennen, hier bedarf es gern einer größeren Öffnung, und, unbeschadet der teilweise zu stark eingesetzten Elektronik, mehr Wagnis und Präsentation von Unerwartetem. Letztlich bleibt mir der Titelsong als der für mich beste in Erinnerung.
Trackliste
2 Mytilini (9:19)
3 Orgone (7:38)
4 Session #1 (10:58)
Besetzung
Arian Stechert (drums, electronics)
Mark Beumer (bass, electronics)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |