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Aretino, P. (Da Col, P.)

Sabbata Sancto. Lamentationen und Responsorien

Info Musikrichtung: Renaissance / Vokal VÖ: 06.10.2023 (Arcana / Note 1 / CD / DDD / 2021 / A551) Gesamtspielzeit: 63:10

Ernst, dunkel und getragen klingen diese Lamentationen und Responsorien von Paolo Aretino (1508 bis 1584) zum Karsamstag, die, noch ganz von der Passionstrauer erfüllt, zur Freude der Osternacht überleiten. Die reine Männerbesetzung (hier das Ensemble Odhecaton unter der Leitung von Paolo Da Col) singt diese liturgische Musik mit sonorer Timbrierung und gelassener Disziplin. Aus aufführungspraktischen Gründen hat man die recht tief notierte Musik den Gepflogenheit der späten Renaissance folgend um eine Quarte nach oben transponiert. Trotz dieser „Erhöhung“ dominieren dem Anlass entsprechend die abgeschatteten Farben und Harmonien der Nacht. Erst gegen Morgen, zur Laudes, evoziert das angefügte „Benedictus“ einen erste, noch zaghafte Freude, die mitunter an den Klang von tiefen Kirchenglocken erinnert.

Diese Musik folgt den kirchlich verordneten Idealen einer neuen Textverständlichkeit und Einfachheit der Kirchenmusik, wie sie sich nach dem Konzil von Trient zumindest kurzzeitig Geltung zu verschaffen suchten. Die Mehrstimmigkeit ist daher kein Selbstzweck, sie gibt sich choralartig beruhigt. Aretino hat mit seinen Kompositionen ein atmosphärisch dichtes Wort-Klanggewebe geschaffen, das die liturgischen Vollzüge im Kirchenraum und natürlich auch die Gläubigen regelrecht einhüllte. Diese konnten sich von dieser meditativen Musik wohlig getragen und getröstet oder auch auf den Grund eines nachgerade depressiv-statischen Schmerzgefühls geführt sehen. Wahrscheinlich beides, als Vorbereitung auf die Katharsis der Osternachts-Liturgie mit ihrer Lichtfeier.

Dank der kompetenten Interpreten funktioniert diese Beschwörung von Dunkelheit und Passionsschmerz auch vor der heimischen Stereoanlage, bei allen Einschränkungen, die ein vor allem ästhetisches, „konsumierendes“ Hören außerhalb des historischen und liturgischen Rahmens mit sich bringt.

Georg Henkel