Reviews
4 Impromtus D.935 & Klaviersonate Nr. 21 D.960
Info
Musikrichtung:
Romantik / Klavier
VÖ: 08.09.2023 (Aparté / Harmonia Mundi / 2 CD / DDD / 2022 / AP318) Gesamtspielzeit: 85:00 |
SPANNUNGSVOLLE INNERLICHKEIT
Intim und romantisch-verinnerlicht – so beginnt diese Schubert-Aufnahme des in Deutschland lebenden koreanischen Pianisten Dasol Kim. Auf dem großen Steinway legt er die zweite Folge der späten Impromptus in fein gestufter Farbigkeit an, leuchtet die harmonischen Wechsel der immer neuen Variationen sensibel aus und findet darüber vor allem in den ersten drei Stücken zu einem nachgerade zärtlich-singenden Schubertton. Auch zeigt der Interpret ein sehr schönes Gespür für die Dynamik und die der Musik einkomponierte Räumlichkeit, wenn er die Musik sich scheinbar entfernen und dann wieder den Zuhörenden annähern lässt. Das aufspringende, archaisch-volksmusikalisch anmutende Motiv des finalen Impromptus zeigt indes, dass Kim auch anders kann. Die Musik gewinnt hier angemessen brillante, tänzerische Konturen, mit geschärften Akzenten und einer springlebendigen Phrasierung.
Auf der zweiten CD findet sich die späte Klaviersonate Nr. 21 in B-Dur, die ebenfalls vom bedachtsamen Angang des Pianisten profitiert. Die musikalische Landschaft, die Schubert hier vor allem im ausgedehnten ersten Satz entstehen lässt, kann sich bei Kim – paradox – in „beunruhigender Ruhe“ entfalten, bevor sich der zweite als vertiefte lyrische, vom Interpreten herzergreifend schön gespielte Meditation über Schmerz, Einsamkeit und Resignation ereignet. Die Temporelationen sind stimmig gewählt und erlauben Kim, Schuberts oft sehr delikate Musik im freien Schweifen zu sich kommen zu lassen, ohne dass er oder die Zuhörenden die Orientierung verlieren oder eine (untergründige) Spannung abreißt. Auf Fingerspitzen dann wieder das heitere (?) Scherzo, vor dem finalen „Allegro“. Ein robusterer Ton hätte diesem Satz auch gut angestanden, auch um den Kontrast zu den ersten beiden Sätzen stärker auszuschärfen – gleichwohl ist Kims Entscheidung im Gesamtkontext konsequent, zumal einige markant gesetzte Bassnoten im B-Teil die Abgründe aus dem ersten Satz durchaus wieder aufblitzen lassen. Ähnlich reizt Kim auch im finalen Satz die Spannungen zwischen Introversion und Extraversion, ausgestellten Einzeltönen und virtuosen Passagen aus.
Eine auch aufnahmetechnisch überzeugende Darstellung dieser Kostbarkeiten aus Schuberts Spätwerk.
Georg Henkel
Trackliste
CD 2: Klaviersonate D.960 46:00
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |