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Reviews

Charpentier, M.-A. (Tournet, V.)

Te Deum – Magnificat – De Profundis


Info

Musikrichtung: Barock / Geistliche Musik

VÖ: 08.09.2023

(CVS / Note 1 / 2 CD / DDD / 2022 / CVS)

Gesamtspielzeit: 64:31

MACHT, PRACHT UND INTIMITÄT

Valentin Tournet und die „Chapelle Harmonique“ erweitern ihre Diskographie mit drei Werken aus dem umfangreichen geistlichen Schaffen Marc-Antoine Charpentiers, dessen Musik mit zum Besten gehört, was das 17. Jahrhundert – nicht nur in Frankreich – hervorgebracht hat. Dass Charpentier trotz seiner überragenden Begabung nie eines der renommierten Hofämter inne hatte, war offenbar kein Schaden. Statt für Versailles komponierte er in Paris für diverse adelige Mäzene und kirchliche Auftraggeber.

Das weiträumige „De Profundis“ H.189 zeichnet durch eine existentielle Ausdruckstiefe aus, die nicht zuletzt das Ergebnis der harmonisch und kontrapunktisch reichen Sprache Charpentiers ist. Dabei kann sich die klangsatte „Grandeur“ dieser ernsten Musik mit den offiziellen Repräsentationsmusiken der Versailler Hofkomponisten ohne weiteres messen. Allerdings gib es bei Charpentier eine tröstliche Zugewandtheit und Wärme, die über das Maß seiner Kollegen deutlich hinausgeht. Sehr berührend ist auch das dem Psalmwort traditionell angefügte „Requiem aeternam“: Mit dem Introitus aus der Totenmesse zeichnet Charpentier plastisch den Weg vom Dunkel der Trauer ins Licht der ewigen Ruhe nach, bis hin zum evokativen „Lux perpetua“, das in immer neuen Varianten wiederholt wird.

Chor und Orchester von „La Chapelle Harmonique“ agieren dabei sehr homogen und kultivieren einen seidig dichten, in vielfachen Hell-Dunkel-Brechungen changierenden Klang, in den sich auch das Ensemble aus fünf Solist:innen organisch einfügt. Die Tongebung ist rund, zugleich klar; bemerkenswert feinsinnig klingen unter anderem die Blockflöteneinsätze. Spannungs- und Ruhepunkte werden überzeugend herausgearbeitet, auch beim beschwingt anhebenden, kleinteiligeren „Magnificat“ H.79, eines von Charpentiers zahlreichen Vertonungen dieses Textes. Auch hier gibt es jene Mischung aus Andacht und Verbindlichkeit, die dieses Mal aber in einen fröhlichen Lobpreis mündet.

Nach einem festlichen Interludium mit Trompeten und Pauken von Philidor dem Jüngeren folgt als Programm-Finale das große „Te Deum“ H.146 von 1693, das heute vor allem für seine prächtige Eröffnungsfanfaren bekannt ist: Als Eurovisions-Erkennungsmelodie wurden sie zum ersten „Hit“ des Komponisten.
Da mit einem „Te Deum“ seinerzeit staatstragende Ereignisse zelebriert wurden – in diesem Fall ein militärischer Sieg –, gehört eine auftrumpfende imperiale Gestik inklusive Piccolo-Flöten aus der Militärkapelle dazu. Dabei verliert die blechstrahlende Pracht bei Charpentier aber nie ihr menschliches Gesicht: Der Komponist hat den Ambrosianischen Hymnus in verschiedene Abschnitte geteilt, bei denen eine Tutti-Besetzung mit kleineren Ensembles kontrastierend abwechselt.

„La Chapelle Harmonique“ präsentiert die Jubel-Passagen mit ekstatischem Schwung, widmet sich den meditativeren Abschnitt dagegen mit einem intimen, manchmal geradezu zärtlichen Musizieren. So wird unter anderem die ruhige Sanftheit der Musik auf Worte wie „non horruisti Virginem uterus“ („du hast den Schoß der Jungfrau nicht verschmäht“) oder beim "Dignare Domini" sensibel ausgekostet, was die barocktheatralischen, gleichwohl spirituellen Qualitäten von Charpentiers Musik ergreifend zur Geltung bringt.
An der überzeugenden Gesamtwirkung haben auch die empathischen und stilsicheren Solist:innen zentralen Anteil. Ihre Einsätze, bei denen besonders der hohe Tenor gefordert ist, gelingen fast immer klar und tonschön, in den diversen Duos oder Trios mischen sich die Timbres harmonisch. Einziger Wehmutstropfen ist die Eröffnung des „Te Deums“, bei dem der Bass Geoffroy Buffière in zwei kurzen Momenten die Kontrolle über seine Stimme verliert, weil die Töne wohl zu hoch für ihn liegen.

Die nicht unproblematische hallige Akustik der Versailler Hofkapelle unterstützt den interpretatorischen Ansatz dank der ausgewogenen Abmischung sehr glücklich.

Fazit: Eine prächtige Platte, als Einführung in das Werk dieses herausragenden Meisters sehr zu empfehlen!



Georg Henkel

Trackliste

De profundis; Magnificat; Te Deum

Besetzung

Gwendoline Blondeel, Cécile Achille, David Tricou, Mathias Vidal, Geoffroy Buffière

La Chapelle Harmonique

Valentin Tournet, Leitung
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