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Britten, B. / Elgar, E. (Crudele)

Sea Interludes; Violinkonzert

Info Musikrichtung: Spätromantik VÖ: 08.09.2023 (Linn / Outhere / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. CKD 729) Gesamtspielzeit: 67:52 Internet: Michael Barenboim

Vom schaurig aufgewühlten Ende her, das Britten als Bewunderer Verdis erkennen lässt, legt Dirigent Alessandro Crudele die vier Sea Interludes aus der Oper "Peter Grimes" an. Da ist der idyllischen Morgendämmerung spürbar ebensowenig zu trauen, wie dem Sonntagmorgen mit seinen Kirchgängern, die nur allzu rasch bereit sein werden, den Außenseiter Grimes in den Tod zu treiben. Man kann darüber streiten, ob Brittens Ambiguitätstoleranz oder zumindest seine Bereitschaft, das Heil in der Natur zu suchen, nicht eigentlich größer war. Die Deutung bleibt in dieser Form gleichwohl legitim, nimmt den ersten beiden Sätzen das allzu Gefällige und bleibt doch tondichterisch überzeugend.

Diesen fein gearbeiteten Meeresskizzen ausgerechnet Elgar rhapsodisches Violinkonzert gegenüberzustellen, ist eine eigenwillige Entscheidung. Der Komponist, der es für den berühmten Virtuosen Fritz Kreisler schrieb, nannte das Stück selbst "Furchtbar emotional! Zu emotional, aber ich liebe es." Crudele und der Solist Michael Barenboim geben den mäandernden, teils absurd herausfordernden und nicht selten end- bis ziellos wirkenden Tonlinien der Violine genüsslich Raum, wobei man sich mit rund 50 Minuten im Mittelfeld der anzutreffenden Spieldauern (43-55 min) bewegt. Violine und Orchester warten mit klanglicher Noblesse und einem Hang zu symbiotischen Verschmelzung auf, absolvieren den Parforceritt, der bei allem Ideenreichtum am Ende doch vornehmlich ein Show-Piece bleibt, sympathisch unaufgeregt und orchestral transparent, bis Crudele im Finale dann doch die Meute im rechten Moment von der Leine zu lassen weiß.

Sven Kerkhoff