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Bach, J. S. (Tur Bonet)

Violinkonzerte

Info Musikrichtung: Barock VÖ: 08.09.2023 (Glossa / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. GCD 924702) Gesamtspielzeit: 60:05 Internet: Lina Tur Bonet

Himmelsburg, so nennt die spanische Geigerin Lina Tur Bonet ihr Album in Anlehnung an die Bezeichnung für die Schlosskapelle in Weimar, wo Johann Sebastian Bach zwischen 1708 und 1717 wirkte. Und durchaus himmlisch, obschon ganz und gar nicht entrückt, wirkt ihre Deutung der Bach´schen Violinkonzerte. Tur Bonet betont zusammen mit den Musikerinnen und Musikern ihrer Musica Alchemica die italienischen Wurzeln dieser Konzerte, vor allem zu Vivaldis Kompositionen, die Bach gründlich studierte. So steht weniger die Formenstrenge im Vordergrund, aber auch nicht unbedingt ein tänzerischer Duktus, sondern ein mitreißend glutvoller, virtuoser Schwung und eine melodische Rhetorik. Ja, das Zwiegespräch zwischen Solovioline und Orchesterstimmen bekommt etwas geradezu Opernhaftes - mal streitend, mal plappernd, mal auffahrend, mal miteinander weinend. Tur Bonets Violinklang ist nie gleißend, sondern eher pergamentfarben, dabei kraftvoll und fruchtig. Die Instrumentalstimmen haben ihre eigene Charakterstik, wobei auch Cello und Cembalo eine höchst eigenständige Rolle einnehmen und ausfüllen.

Auffallend ist, wie unbekümmert Tur Bonet mit großer Freiheit verziert, improvisiert und kadenziert, dabei stets den Geist der Musik wahrend und ihre Dichte keineswegs aufhebend, so dass es eine Lust ist, ihr zu lauschen und sich auf manch klug erdachte Überraschung einzulassen. Die Tempi sind oft flott gewählt, aber auch hier wird manches neu gedacht, so dass etwa der Einstieg in das a-moll-Konzert verblüffend zurückhaltend erfolgt und erst dessen Schlusssatz temporeich aufgeladen wird. Berückend sanglich hingegen und von schon fast überreifer Süße das Largo aus BWV1056R.

Der direkte, opulente Gesamtklang der Aufnahme unterstreicht bisweilen die unbändige Kraft der Konzerte, aber nicht im ruppig fetzenden Sinne á la Nigel Kennedy, sondern in Gestalt eines veritablen Jungbrunnens für dieses so vertraute Repertoire.

Sven Kerkhoff