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Reviews

Ligeti, G. (Roth. F.-X.)

Kammerkonzert, Bläserquintett, Bagatelle für Bläser


Info

Musikrichtung: Neue Musik

VÖ: 07.07.2023

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2016 / HMM 905370)

Gesamtspielzeit: 44:02

KURZ UND GUT

Zum 100. Geburtstag des 2006 verstorbenen Komponisten György Ligeti übernimmt Harmonia Mundi diese schon 2016 beim Label Actes Sud veröffentlichte Aufnahme mit drei charakteristischen Werken des ungarischen Neutöners: den „Sechs Bagatellen für Bläserquintett“, die noch vor der Flucht des Komponisten 1953 in Ungarn entstanden sind, sowie den „Zehn Stücken für Bläserquintett“ von 1968, die gleichsam deren avantgardistisches Gegenstück darstellen. Dazwischen findet sich das 1970 komponierte buntscheckige Kammerkonzert für 13 Instrumentalisten.

Mit dem Orchesterwerk „Atmosphéres“ hatte Ligeti 1961 ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts geschaffen: Statt einzelner Stimmen hört man nur mehr wogende, webende, strömende Klangflächen, -volumen und -räume in permanenter Metamorphose – einzelne Töne und Instrument sind im Gewirr der mikroskopischen verflochtenen Stimmen nicht mehr wahrnehmbar. Auf gewisse Weise versuchte Ligeti nach diesem Clou immer wieder, diesen radikalen Moment einer neuen Musik zu wiederholen, wohl wissend, das dies nicht möglich war. So flüchtete der Komponist kreativ nach vorne, wandelte sich dabei permanent und suchte zugleich den Anschluss an die Tradition und die eigenen Wurzeln.

Schon seine Bläser-"Bagatellen" stellen einen kompositorischen Auf- und Ausbruchversuch hinter dem „Eisernen Vorhang“ dar. Ursprünglich handelte es sich um einen Zyklus von Klavierstücken, bei denen Ligeti sozusagen aus dem Nichts eine moderne Musik schaffen wollte. Die neue Musik des Westens, also von Stockhausen, Nono, Boulez oder anderen, kannte er nur durch stark gestörte Radiosendungen. Bartok war sein Meister – und auch von dem waren im sozialistischen Ungarn nur die „volkstümlicheren“ Stücke erlaubt. Ligeti komponierte hier bewusst auf verbotenen Pfaden, für die Schublade. Das Ergebnis wirkt streng und flott zugleich; unverkennbar sind eine reiche Fantasie und Gestaltungskraft selbst bei der Beschränkung auf ein, zwei Töne. Die Musik ist bei aller Neuartigkeit eingängig und auch humorvoll.

Humor findet sich auch in den 10 Stücken für Bläserquintett, die nicht minder dicht und auf den Punkt sind, dabei aber bei allen virtuosen Kapriolen – es gibt dankbare Miniatur-Konzerte für jedes der fünf Instrumente – die Errungenschaften der „Atmosphéres“ mit ihrer irisierend-nebulösen Mikropolyphonie nicht leugnen. Aber es dürfen auch (wieder) prägnantere Gestalten und geschärfte Rhythmen hervortreten.

Klangsinnlich geht es auch im Kammerkonzert zu, dessen Einzelsätze an fantastische Landschaften, schillernde Wolkenschlösser, durchgedrehte Uhrwerke und (Alb)Traumomente denken lassen. Kontrastreich und doch unterirdisch verbunden ist das alles durch die Integrität des Komponisten, dessen Individualität sich letztlich doch immer wieder charakteristischen Ausdruck verschafft.

Die Kammersolisten von „Les Siècles“ zeigen mit ihrer pointierten und ausgefeilten Wiedergabe, dass sie wahrhaft in allen Epochen zu Hause sind! Schade, dass dieses Konzert nach rund 45 Minunten schon wieder vorbei ist …



Georg Henkel

Trackliste

6 Bagatellen für Bläserquintett; Kammerkonzert; 10 Stücke für Bläserquintett

Besetzung

Kammerformationen von Les Siècles

François-Xavier Roth, Leitung (Kammerkonzert)
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger