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...For Glory And Freedom
Info
Musikrichtung:
Metal
VÖ: 09.11.2022 (Steel Shark) Gesamtspielzeit: 69:10 Internet: http://www.facebook.com/rexoroficial |
Das nennt man Dienst am Fan: Rexor hatten ihren Zweitling ...For Glory And Freedom zunächst nur in Downloadform herausgebracht, bevor sie einen Deal beim französischen Label Steel Shark Records landeten, die das Album auch in versilberter Form veröffentlichten, und zwar mit gleich neun Bonustracks, nämlich dem kompletten Debütalbum Powered Heart, dessen Bekanntheitsgrad sich bis dato gleichfalls in überschaubaren Grenzen gehalten hatte, zumindest was das Areal ostwärts des Atlantik angeht. Mit diesen 18 Songs bekommt der geneigte Anhänger also gleich das komplette offiziell konservierte Schaffen der brasilianischen Formation geboten, vom noch vor dem Album erschienenen Demo mal abgesehen.
Da hier also zwei volle Alben auf eine CD passen, neigt man zu der Einschätzung, dass Rexor vermutlich keinen ausladenden Doom oder Prog Metal spielen werden, da in diesen metallischen Subgenres Albumspiellängen unter 40 Minuten eher ungewöhnlich sind. Diese Theorie bewahrheitet sich schnell, denn das Quartett fühlt sich ganz klar im traditionellen Achtziger-Metal zu Hause und läßt Stileinflüsse nach ungefähr 1986 nicht mal mit der Lupe erkennen. Da das Material nicht chronologisch sortiert ist, sondern der Zweitling das Hauptwerk darstellt und das Debüt „nur“ den Bonus, hören wir also die neun neuen Songs zuerst, und das ist auch in dramaturgischer Hinsicht eine gute Entscheidung, denn das dramatische Intro „Feed The Lions“ stimmt gekonnt auf das ein, was wir von Chefdenker Wander Cunha und seinen Mannen noch zu hören bekommen werden. Dass der Gitarrist schon mal von Iron Maiden gehört hat, kann er schon hier nicht verleugnen und will das vermutlich auch gar nicht. Zwar können nur Menschen, die die Band schon mal live erlebt haben, einschätzen, wie das Quartett ohne einen Zweitgitarristen (zumindest ist im Booklet nicht vermerkt, dass Sänger Wash auch noch einen Nebenjob als Zweitgitarrist ausüben würde) die zahlreichen doppel- bis mehrstimmigen Gitarrenpassagen auf der Bühne umsetzt, aber das kann dem Hörer des Tonträgers ja erstmal egal sein. Zudem bleiben die Eisernen Jungfrauen zwar eine wichtige Referenzgröße des Rexor-Sounds, aber durchaus nicht die einzige: Das Quartett schafft es irgendwie, sich genau in einer imaginären Schnittmenge zwischen Iron Maiden und Grave Digger zu positionieren, was beileibe nicht die naheliegendste Mixtur im Traditionsmetal darstellt. Kurioserweise trifft diese Einschätzung auch auf den Gesang zu: Wash tönt wie ein Hybride aus Bruce Dickinson und Chris Boltendahl. Dazu treten aber noch andere Einflüsse. Mit „Fire And Shine“ und „Back Again“ etwa finden sich direkt hintereinander gleich zwei Songs, die Classic-Rock-Elemente in Traditionsmetal übersetzen, also so klingen, als würden The Free Metal spielen. Nicht nur in diesen beiden Songs dominiert auf dem Zweitling Midtempo in verschiedensten Schattierungen – mit „From Out The Ruins“ und „Zombie Force“ lauern unter den neun Songs lediglich zwei Speedies (ersterer mit Gastgitarrensolo von Bruno Luíz) und mit „Running In The Night“ eine weitere Nummer, die knapp vor der Speedgrenze haltmacht. Die Tempovielfalt ist trotzdem groß genug, um keine Monotonie aufkommen zu lassen, zumal die Rhythmusgruppe aus Bassist Adrian Fernandes und Drummer Gleison Torres es fertigbringt, überwiegend recht locker, bisweilen sogar beschwingt zu agieren – den schweren teutonischen Touch, den man bei Grave Digger nicht selten findet, übernehmen Rexor also nicht.
Das Grundproblem der Brasilianer ist ein anderes: Mit der Qualität des Instrumentalspiels kann der Gesang nicht mithalten. Okay, hier und da liegt das Problem tiefer, nämlich dass Washs Melodien und der instrumentale Unterbau nicht so richtig organisch zueinander passen wollen, wofür gleich der dem Intro folgende Quasi-Titeltrack „Glory Or Freedom“ ein beredtes Beispiel abgibt. In einer fast punkigen Nummer wie „Zombie Force“ stellt das noch kein existentielles Problem dar, in anderen Songs aber schon, und selbst dort, wo mal eine richtig gute Kongruenz der Ideen auftritt, etwa im Refrain von „Holy Wine“, bemerkt man deutlich, dass sich Washs Sangeskünste in überschaubaren Grenzen halten. Kurioserweise deutet der Mann hier und da an, dass er durchaus mehr kann, als er hier zeigt, und zwar sowohl im Hinblick auf Souveränität der Melodik als auch bei der Frage der Treffsicherheit rauherer, fast geshouteter Passagen.
Noch kurioser wird die Lage, wenn man die neun Tracks des Debüts hört. Hier agiert Wash nämlich noch etwas rauher, und das tut er mit deutlich größerer Treffsicherheit als in den neueren Songs – und auch die Melodien sind wenigstens etwas eleganter als im jüngeren Material. Das verwundert, weil es ja sozusagen auf dem neuen Album eine Rückentwicklung markieren würde, aber der Fakt läßt sich nicht wegdiskutieren. Dass sich immer noch so manche Passage findet, wo man verzweifelt und nicht begeistert mit dem Kopf schüttelt (exemplarisch der Refrain von „I Scream“), steht auf einem anderen Blatt. Die Musik hingegen zeigt in den neuen Songs mehr Vielfalt, und vor allem die Maiden-Einflüsse lassen sich im alten Material noch nicht in diesem Maße finden – sie sind da, wie etwa die Gitarrenarbeit von „I Scream“ mehr als deutlich macht, aber in der Gesamtbetrachtung mutet das Material hier noch eher wie eine leichtfüßigere Version von Grave Digger an. Dass Powered Heart in Gestaltung von „Blood Swords“ gleich mit einem Speedie anhebt, darf auch als Fingerzeig gewertet werden, dass das alte Material einen Deut schneller ausgefallen ist als das neuere – und dass mit „I Scream“ auf dem Debüt und „Zombie Force“ auf dem Zweitling ausgerechnet zwei Speedies mit etwas über fünf Minuten die jeweils längsten Songs der beiden Alben darstellen, ist auch allermindestens ungewöhnlich zu nennen. „H.M.F.“ ließe mit seiner Grundanlage die Option zu, dass sich der Song in modernen Groove Metal weiterentwickelt, schiebt dieser Theorie aber schnell einen Riegel vor – die Refrainbotschaft „Heavy Metal Forever“ fände man in moderneren metallischen Genres auch kaum vor. Was es auf dieser CD dafür gleich mehrfach gibt, sind ungewöhnliche gesampelte Elemente: das Geräusch einer aufploppenden Bierdose am Beginn von „Sinners“ und einen Zug im In- und Outro von „Vegas Locomotive“, inclusive einer historischen Pfeife.
Eine Einschränkung hinsichtlich der obigen Aussage, in den neuen Songs herrsche eine größere musikalische Vielfalt, darf nicht vergessen werden: „Seal Of My Heart“ entpuppt sich nämlich etwas überraschend als Ballade, mit Akustikgitarren und einigen sphärischen Keyboards ausstaffiert – an eine solche ist auf dem neuen Album hingegen nirgends zu denken. Freilich handelt es sich abermals um einen der Songs, wo die Melodielinie nicht so ganz paßgenau über dem instrumentalen Unterbau zu liegen scheint, obwohl sich Wash mit den Vocals hörbar Mühe gibt. Aber über ein bestimmtes Level kommt er hier nicht hinaus, und vielleicht war das der Grund für die Kompositionsfraktion, für das neue Album keine Ballade zu schreiben.
Der Gesamteindruck bleibt so etwas zwiespältig. Man bekommt eine Menge Musik für sein Geld, und instrumentell sowie soundlich geben Rexor definitiv eine gute Figur ab – nur mit den Vocals wird zumindest der hier tippende Rezensent nicht warm. Wer sich in der beschriebenen Schnittmenge aus Iron Maiden und Grave Digger wohlzufühlen glaubt, macht mit einem Hörtest aber erstmal nichts verkehrt. Das Booklet ist allerdings etwas spartanisch ausgefallen, Lyrics sucht man vergeblich, und die aufgedruckten Spielzeiten der neun neuen Songs liegen ein Stück von der Realität entfernt (allesamt um bis zu 20 Sekunden zu lang), aber die zum Rezensionszeitpunkt in der Encyclopedia Metallum zu lesenden sind auch alle etwa vier Sekunden länger, als der CD-Player des Rezensenten anzeigt (die Angabe hier im Tracklistkasten folgt letzterem).
Roland Ludwig
Trackliste
1 | Feed The Lions | 1:09 |
2 | Glory Or Freedom | 3:21 |
3 | From Out The Ruins | 2:57 |
4 | Spirit Of The Dark | 4:37 |
5 | Holy Wine | 3:47 |
6 | Fire And Shine | 4:07 |
7 | Back Again | 3:31 |
8 | Running In The Night | 3:47 |
9 | Zombie Force | 4:41 |
10 | Blood Swords | 3:47 |
11 | Powered Hearts | 4:14 |
12 | Sinners | 4:30 |
13 | I Scream | 5:31 |
14 | H.M.F. | 3:55 |
15 | Vegas Locomotive | 3:00 |
16 | Seal Of My Heart | 5:02 |
17 | Infinite Road | 3:55 |
18 | Evil Knights | 3:11 |
Besetzung
Wagner Cunha (Git)
Adrian Fernandes (B)
Gleison Torres (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |