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Entartete Musik. A musical journey as a humble tribute
Info
Musikrichtung:
Romantik / Klassische Moderne / Chor, Ensemble
VÖ: 07.07.2023 (antarctica / Note 1 / CD / DDD / 2022 / AR 051) Gesamtspielzeit: 55:36 |
NACHKLÄNGE
Bei einem Konzeptalbum kann man ganz grundsätzlich die Frage stellen, ob die Darbietung von ausgewählten Einzelsätzen oder Auszügen aus größeren Werkzusammenhängen der Musik und den Komponist/innen wirklich gerecht wird. Das gilt umso mehr, wenn es um Werke von Musiker/innen geht, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert, verfolgt, ins Exil getrieben oder ermordet wurden.
Die Zusammenstellung, die Dirigent Bart van Reyn und der Vlaamse Radiokor zusammen mit einigen Instrumentalsolisten der Brüsseler Philharmoniker sowie der Sopranistin Estelle Lefort unter dem Titel „Entartete Musik. A musical journey as a humble tribute” vorlegt, ist das „Nebenprodukt“ eines Ausstellungsprojekt. Es besticht durch die hohe Qualität der Darbietungen und die stilistische Wandlungsfähigkeit der Ausführenden.
Letztere ist unverzichtbar, wenn man in einem einzigen Programm monumentale Chorbearbeitungen aus Mahler-Sinfonien mit Songs im Soubretten-Chanson-Stil (Mischa Spoliansky, Kurt Weill), einen pianistischen Foxtrott (Erwin Schulhoff), jiddische Lieder (Viktor Ullmann) oder ein Wiegenlied (Ilse Weber) zusammenbringt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Vor allem die legendären Mahler-Bearbeitungen von Clytus Gottwald – das Urlicht aus der 2. Sinfonie und das notorische Adagietto aus der 5. – sind sehr anspruchsvolles Repertoire, übertragen sie doch Mahlers dichten Orchestersatz auf einen Chor. Der Vlaams Radiokoor wird dieser Herausforderung ohne Zweifel gerecht.
Neben dieser hochstilisierten Kunst nehmen sich die (Volks)Lieder der Kinderbuchautorin und Musikerin Ilse Weber, die als Kinderbetreuerin im KZ Theresienstadt wirkte, bevor sie zusammen mit den Kindern, die sie nicht verlassen wollte, in Ausschwitz ermordet wurde, vergleichsweise einfach aus. Webers Lieder, die meist Volksliedbearbeitungen über neue Texte sind, wirken in diesem Kontext aber gerade dadurch besonders berührend. Trotzdem könnte man sich auch gut ein umfassenderes Weber-Porträt vorstellen, damit es nicht bei solchen Momentaufnahmen bleibt, die zunächst einmal „betroffen“ machen.
Immerhin lässt so ein Digest zumindest in Umrissen erahnen, was – und wer – alles dem rassistischen Vernichtungswahn der Deutschen zum Opfer gefallen ist – wobei die Musik der Opfer mitunter nur durch glückliche Umstände vor der Zerstörung bewahrt wurde.
Georg Henkel
Trackliste
Mischa Spoliansky: Das lila Lied; L'Heur bleue
Erwin Schulhoff: Suite dansante en jazz
Kurt Weill: Youkali
Alma Mahler: Die stille Stadt
Ilse Weber: Ich wandre durch Theresienstadt; Wiegala
Hanns Eisler: Der Graben
Viktor Ullmann: Berjoskele
Gideon Klein: Uz Mne Kone Vyvadeji; Lullaby
Carlo Sigmund Taube: Ein jüdisches Kind
Besetzung
Solisten der Brüsseler Philharmoniker
Estelle Lefort, Sopran
Bart Van Reyn, Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |