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Messe c-moll
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 16.09.2005 Hänssler Classic / Naxos (CD, DDD (AD: 2005, live) / Best.nr.98.227) Gesamtspielzeit: 76:33 Internet: Hänssler Classic |
PUZZLESPIELE
Sie lassen uns einfach keine Ruhe, die unvollendeten Werke der großen Meister der Musikgeschichte. Auch wenn der Torso für sich genommen noch so schön sein mag, wüssten wir doch zu gerne, wie der Komponist sich den Rest gedacht hat. Was wäre wenn - dieses Spiel haben dann auch einmal mehr Helmuth Rilling und der amerikanische Pianist und Musikforscher Robert Levin gespielt. Gemeinsam legten sie schon vor einigen Jahren ein vervollständigte Neufassung von Mozarts Requiem vor. Diesmal haben sie sich an die große c-moll Messe gewagt. Von diesem wuchtigen Werk sind neben Kyrie und Gloria nur das (nicht komplett instrumentierte) Credo bis zum "Et incarnatus est", das Sanctus und das Benedictus überliefert.
Wenn man einigen Zeitungsberichten aus diesem Sommer Glauben schenken würde, so könnte man meinen, Levin hätte durch detektivische Puzzlearbeit die fehlenden Teile gefunden und einfach eingebaut. Dem ist jedoch bei weitem nicht so. Einen Großteil der Ergänzungen hat Levin nämlich schlicht selbst komponiert und zwar, so gut es ging, im Stil und Geiste Mozarts. Der Rest stammt aus zeitnah zuzuordnenden Skizzenfunden und umgekehrten Parodien. Der Gedanke dabei: Da Mozart später Teile der Messe für sein Oratorium "Davide penitente" umarbeitete, könnte man auch die dort originären Stücke umgekehrt in die c-moll-Messe transplantieren. Durch diese Methode gewinnt Levin eine Tenorarie für den Abschnitt "Et in Spiritum Sanctum", sowie eine Sopranarie für das "Agnus Dei".
Das "Et in Spiritum Sanctum" fügt sich dabei weitaus organischer und bruchlos in die musikalischen Abläufe ein, als das "Agnus Dei". Als problematisch erweisen sich die Ausarbeitungen der skizzierten Fugen zum "Et unam sanctam" und beim "Dona nobis pacem". Hier zeigt sich ein schablonenhaftes Vorgehen, wie es Mozart, wenngleich die Geistliche Musik nicht immer seine Leidenschaft war, kaum jemals an den Tag gelegt hat.
Ungeachtet dieser Einwände und des Umstands, dass Mozart sich eben nur schwer imitieren lässt, ist dieser Versuch musikwissenschaftlich überaus interessant und zudem natürlich ein reizvolles Gedankenspiel.
Dieses in Klang umzusetzen hat Helmuth Rilling unter Zuhilfenahme bewährte Kräfte übernommen. Dabei produziert er mit der Gächinger Kantorei und dem Bach-Collegium Stuttgart einen überraschend wuchtigen Gesamtklang, in dem manche Feinzeichnung untergeht. Bei den Solisten ragt die Leistung von Diana Damrau deutlich heraus, der v.a. ein bewegend reines "Et incarnatus est" gelingt. Auch ihre Mitstreiter agieren souverän.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Lothar Odinius / Tenor
Markus Marquardt / Bass
Gächinger Kantorei Stuttgart
Bach-Collegium Stuttgart
Ltg. Helmuth Rilling
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |